Was bedeutet „gute Arbeitsplanung“? Wir brauchen uns gar nicht zu wundern, warum es so viele verschiedene "ultimative Rezepte" gibt. Denn die Anforderungen an ein gutes Activity-Management sind überraschend vielfältig.
Im gestrigen Blogartikel (http://www.teamworkblog.de/2014/05/activity-management-zeitmanagement.html) hatte ich den Begriff des "Steuerungskontextes" vorgeschlagen. Dies bedeutet, dass unterschiedliche Berufsbilder ganz differenzierte Anforderungen an ihre Arbeitsplanung haben.
Ziele
Das Bild des Routenplaners zeigt: Es geht immer um Entscheidungen. Fahre ich von A nach B über C oder von A nach C über B oder lasse ich B ganz aus? Und diese Entscheidungen sind wieder an bestimmte Randbedingungen geknüpft. Bekannt sind die Randbedingungen „Wichtigkeit“ und „Dringlichkeit“, auch Eisenhower-Prinzip genannt. Aber es gibt noch viel mehr.
Grundlegend aber ist das Ziel der Zufriedenheit: Ich möchte während der Arbeit zufrieden sein, und ich möchte nach Ablauf des Planungsintervalls (Tag oder Sprint oder Quartal) zufrieden sein.Ziel 1: Bewusstseinshaltung
Verschiedene Arten von Aufgaben verlangen unterschiedliche Bewusstseinshaltungen, um sie gut zu erledigen. Um einen Artikel zu schreiben wie diesen, um eine Präsentation vorzubereiten, muss ich am besten im konzentrierten Flow sein. Beim Coaching eines Kunden ändert sich die Bewusstseinshaltung hin zur Achtsamkeit.
Eine Planung ist gut, wenn sie die zeitliche Trennung dieser Aufgaben ermöglicht. Das dauerhafte Switchen von einer Bewusstseinshaltung in die andere ist störend oder ganz unmöglich.
Das Gefühl der Produktivität habe ich nach einem Tag, an dem ich etwas Werthaltiges zustande gebracht, aber auch „einiges weggeschafft“ habe.
Ziel 2: Termintreue
Es gibt Aufgaben, für die ein fester Erledigungstermin vereinbart wurde. Es gibt andere Aufgaben, bei denen sich höchstens das Planungssubjekt (Team oder Einzelner) selbst einen Termin setzt. Je nach Grad der Verschiebbarkeit muss ein Activity-Management-System mindestens drei Arten von Terminen berücksichtigen:
- das eigentliche, feste Erledigungsdatum;
- das späteste Startdatum, wann ich mit der Aufgabe anfangen muss, damit ich den Erledigungstermin einhalten kann (etwas weicher);
- das Datum oder die Tageszeit, wann ich die Aufgabe zur Erledigung eingeplant habe.
Zufrieden bin ich, wenn mich ein System dabei unterstützt, alle Deadlines einzuhalten und keine Verpflichtungen zu verletzen.
Ziel 3: Ressourcenorientierung
Damit zusammen hängt das Ziel, jederzeit zu wissen: Meine Arbeitsressourcen reichen aus, um im nächsten Zeithorizont (sinnvoll ist hier das Quartal) die anstehenden Arbeitspakete termintreu zu erledigen.
Ziel 4: Geld verdienen
Wenn man selbstständig ist (als Einzelner oder als Team), muss man zwischen bezahlten und unbezahlten Arbeitsanteilen unterscheiden. Viele Softwareentwickler, Anwaltskanzleien, Ingenieurbüros, Architekten usw. denken in „bezahlten Tagen“.
Ziel 5: Strategische Bedeutung
Das ist das „Gegenziel“ zu Ziel 4.
Ich möchte nicht nur Geld verdienen oder meine Kernaufgaben erfüllen, sondern ich möchte mich und mein Team weiter entwickeln. Dazu zählen Aufgaben wie Ideen generieren und prüfen, Produkte entwickeln, die Organisation entwickeln usw.
Das sind nun aber gerade häufig Aufgaben, die zwar sehr wichtig sind, aber nicht „dringlich“ (also mit Ziel 2 in Konflikt stehen). Unser Gehirn funktioniert nun aber so, dass es ständig dringlich und wichtig verwechselt.
Kurzfristig, bei der Tagesplanung, geht es darum, dass eine Activity-Management-Methode dafür sorgt, dass die strategischen Themen überhaupt berücksichtigt werden.
Bei der längerfristigen Planung geht es darum, den Widerspruch zwischen beiden Zielen aufzuheben.
Ziel 6: Flexibilität
Man kann das Wort schon fast nicht mehr hören und ich habe mich jetzt gerade drei Mal dabei vertippt. Aber trotzdem: ein Activity-Management muss je nach Steuerungskontext auch Auskunft darüber geben, wie mit „Störungen“ umzugehen ist, also mit plötzlich auftretenden, ganz ganz dringenden Aufgaben, die von der Seite in den Plan eindringen.
Zufrieden bin ich, wenn ich dringende Aufgaben in einen Plan aufnehmen kann, ohne dadurch sofort die Ziele 2, 3 und 4 zu verletzen.
Ziel 7: Rhythmus
Wieder das Gegenziel zu 6: Wir Menschen brauchen Rhythmen in der Zeit. Vor allem auch Teams brauchen Rhythmen. Eine Wahrheit, die z. B. Scrum intuitiv erfasst und realisiert hat.
Rhythmen machen uns produktiv, und Teamrhythmen geben dazu noch soziale Sicherheit. Ein Activity-Management, bei dem man jeden Tag von Neuem die Alpen hochklettern muss, ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluss.
Ziel 8: Lust bei der Arbeit
Es gibt Aktivitäten, die mir bei ihrer Erledigung schon Freude machen, und Pflichtaufgaben, die mir höchstens ein Gefühl der Befriedigung bereiten, wenn ich sie hinter mich gebracht habe. Ich möchte das gerne in meinem Activity-Management abbilden. Dann kann ich, wenn ich zwei Pflichtaufgaben abgearbeitet habe, mir drei Spaßaufgaben gönnen.

Abbildung: Eine ToDo-Liste mit Lustfaktor
Komplexität
Das grundlegende Anliegen bei Anwendung einer Zeitmanagement-Methode ist die Unterstützung bei der Priorisierung. Priorisierung ist für uns Menschen (einzelne Menschen und mehr noch Gruppen) eine extrem anstrengende Aufgabe, und Activity-Management ist unter diesem Gesichtspunkt nichts Anderes als eine Prä-Priorisierung: es soll uns helfen, nicht unter 20 Aufgaben „die drei als nächstes zu erledigenden“ auszusuchen, sondern unter fünf.
Dabei soll es, wie die obige 8-Ziele-Liste zeigt, viele Kriterien parallel berücksichtigen. Und jede Methode läuft Gefahr, zwei oder drei der Kriterien zu verabsolutieren und die anderen zu vernachlässigen.
In zwei, drei der nächsten Blogartikel wollen wir bekannte Activity- und Projekt—Management-Methoden daraufhin prüfen, welche der 8 Kriterien sie erfüllen und auf welche Steuerungskontexte sie demnach passen und auf welche nicht.