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Appreciative Inquiry – was ist anders als bei anderen OE-Methoden?

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In meinem Post am Montag habe ich ein Beispiel gebracht, wie eine Abteilung eine Projektvision mit Hilfe von Appreciative Inquiry entwickelt. Heute möchte ich diese Erfahrung auswerten: Was unterscheidet Appreciative Inquiry von herkömmlichen Methoden der Organisationsentwicklung?

Wer den Post vom Montag nochmal anschauen will:
http://www.teamworkblog.de/2015/04/projektvisionen-formulieren-mit.html

Keine Problemanalyse am Anfang

Appreciative Inquiry beginnt nicht mit einer Aufzählung von Problemen. „Warum wollen wir DMS einführen?“, wäre eine herkömmliche Frage. Und eine Fülle von Problemen und Schwierigkeiten wäre die Antwort: „Weil wir so viel Zeit mit Suchen verbringen! Weil wir Fehler machen, wenn wir auf veraltete Dateiversionen zugriefen! Usw.“. Ich habe bei Einstiegsworkshops immer versucht, auf diese Weise das „Problembewusstsein“ zu schärfen und die Motivation der Projekteilnehmer zu wecken.
Ganz anders bei AI.

Appreciative Inquiry geht davon aus: „Das Problembewusstsein wird schon da sein.“ AI spricht vom Änderungswillen. Es setzt diesen Änderungswillen voraus. „Wenn die Teilnehmer da sind, werden sie schon über genügend Änderungswillen verfügen“. Und wenn nicht? Dann wird man ihn auch nicht „wecken“ können.
Dahinter steckt eine tiefe Erfahrung mit Änderungsprojekten. Diese Erfahrung habe ich auch schon gemacht, aber bislang nicht tief genug reflektiert. Es ist das Problem der „negativen neuronalen Netze“.

„Denken Sie nicht an einen blauen Elefanten!“

Kennen Sie diese scherzhafte Aufforderung? Woran denken Sie gerade? Genau. Sie können gar nicht anders. Warum?
Weil unser Gehirn, um festzustellen, ob der aktuelle Gedanke einen blauen Elefanten darstellt oder nicht, sich gerade diesen blauen Elefanten als „Prüfbild“ erzeugen muss. Anders kann es keinen Vergleich anstellen. Also muss es, um nicht an einen blauen Elefanten zu denken, genau an diesen denken. Die gestellte Aufgabe ist nicht lösbar.
Das nennt man in der Gehirnforschung ein „neuronales Netz“. Unser Geist macht sich eine Vorstellung eines blauen Elefanten, und das geschieht durch Aktivierung eines Gestaltmusters „blauer Elefant“.

Was bedeutet das für Projekte, die positive Änderungen bringen sollen? Denken Sie an ein IT-Projekt. Das IT-Projekt soll Ihnen Lösungen liefern. Lösungen wofür? Für Probleme, natürlich! „Wir wollen künftig weniger Zeit mit Datenpflege vergeuden! Wir wollen künftig weniger Fehler machen! Wir wollen unsere Produktqualität verbessern“ – all das sind problemorientierte Formulierungen.

Die Sätze mögen alle stimmen. Der Pferdefuß ist nur: Sie fressen Energie. Unser Gehirn hat sich ein „neuronales Netz“ vom negativen Jetzt-Zustand gemacht. Dieses neuronale Netz wird – ob Sie oder die Projektteilnehmer das wollen oder nicht – das ganze Projekt begleiten. Es fixiert den negativen Ist-Zustand im Bewusstsein und erzeugen damit dauernd unangenehme Gefühle.

Verknüpfung von positiven Interviews mit einem Problemthema

Wie kann ich jetzt ein Problemthema rein positiv angehen? Im Beispiel des letzten Blogposts war es die Aufgabe, eine Vision für ein Dokumentenmanagement-Projekt in einer Abteilung zu entwickeln.
Ich war am Anfang unsicher, wie ich es anstellen sollte. Ich habe, wie geschildert, Appreciative Inquiry als Werkzeugkasten verwendet und mir daraus die Methode „gegenseitige Interviews in Zweierteams“ ausgewählt.
Vielleicht ist einigen Lesern aufgefallen, dass die Interviewfragen scheinbar nichts mit dem Thema zu tun hatten. Die Fragen lauteten z. B.
Denken Sie an die Zeit, als Sie neu zur MoCon AG  kamen. Was hat dieses Unternehmen für Sie interessant gemacht?
Nix von Dokumenten oder überhaupt zum Thema Gehöriges in den Fragen. Nur auf der Folie, die während der Interviews auf der Leinwand gezeigt wurde, war als Leitmotiv genannt:
„Positive Erfahrungen in der standortübergreifenden Zusammenarbeit“
Auch hier habe ich das Wort „Dokumentenmanagement“ nicht direkt verwendet (obwohl es natürlich unsichtbar im Raum stand – darum ging es ja im ganzen Workshop). Ich wollte auf keinen Fall die Gedanken der Teilnehmer in den Interviews so einengen, dass sie sich die ganze Zeit fragen mussten: „Passt meine Antwort auch zum Thema?“ Die Interviewten sollten sich vielmehr so frei wie möglich auf das Nachspüren ihrer Gefühle konzentrieren dürfen.

Fokussierung und Gesamtschau

Die Teilnehmer hatten, wie geschildert, 78 Antworten auf die Interviewfragen auf Post-Its geschrieben und auf einer Metaplanwand nach Themen vorsortiert. Aus diesen Ergebnissen wollte ich eine „Anforderungsliste“ erarbeiten lassen, also ein Konzentrat der vielen Antworten.

Die Antworten der Teilnehmer in den Zweier-Interviews

Aber das war nicht ganz einfach. Nicht alle Antworten der Interviewten schienen zum Thema zu passen. (Es kam ja, wie oben gesagt, in den Fragen gar nicht vor.)
Es gab vielmehr eine ganze Reihe von Post-Its mit Einträgen wie
  • „Die Möglichkeit, dauernd etwas Neues zu lernen, gefiel mir.“
  • „Ich erfuhr Unterstützung und Rückhalt im Team.“
  • „Ich bin stolz darauf, dass ich gut mit Menschen umgehen kann.“
Wie sollten wir daraus Anforderungen für ein Dokumentenmanagement-Projekt schnitzen?

Das ging natürlich nicht, und deshalb ließen wir solche Post-Its bei der Auswertung vorerst beiseite. Ich fragte ins Plenum „Kann man daraus eine Anforderung für ein DMS formulieren?“, und es gab allgemeines Kopfschütteln und weiter zum nächsten Post-It.

Aber am Schluss gaben gerade die „übersprungenen“ Antworten ein überraschend neues Bild der „Organisationskultur“ in der globalen Draufsicht. Überraschend vor allem für die Teilnehmer selbst. Sie kamen ja von verschiedenen was? und kannten sich zum Teil gar nicht gut. Und bestimmte Aussagen kamen aus unterschiedlichen Richtungen immer wieder vor, vor allem die Themen „Vielfältigkeit der Aufgaben“ und „Rückhalt im Team“.

So dass ganz nebenbei, losgelöst von der platten Anforderungsliste, von der Metaplanwand eine Botschaft ins Team zurückstrahlte: „Ihr seid besonders neugierig und kreativ – das verbindet euch“ und „Ihr seid besonders teamorientiert und solidarisch – ihr könnt euch aufeinander verlassen“.
Das gute Gefühl, das nach diesem Workshopblock bei den Teilnehmern herrschte, war bestimmt auch diesen Erkenntnissen geschuldet und nicht nur dem sachlichen Anforderungskatalog.


Vor einem Burnout? Mittendrin? Was tun?

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Es ist allgmein wenig bekannt über dieses rätselhafte Phänomen namens Burnout. Symptome, Auslöser, Entstehung oder Ablauf? Keine Ahnung. Was tun, um vorzubeugen? Was tun, wenn es einen erwischt? Allerorten Achselzucken. Die Unkenntnis trifft vor allem betroffene Menschen hart. Für sie verlängert sich dadurch ein schwieriger, herausfordernder und leidvoller Weg. Hier eine "Erste Hilfe".

Scheinbar aus heiterem Himmel finden sich "ausgebrannte" Menschen mit einer Krankheit konfrontiert, über die sie selten mehr wissen, als dass es sie gibt. Ohne dass sie es sich erklären können, scheint plötzlich nichts mehr so zu sein wie es war. Zudem fühlen sich Betroffene oft im Stich gelassen vom privaten und beruflichen Umfeld, das mit der tabuisierten Volkskrankheit seinerseits überfordert ist und entsprechend reagiert.

Allen unmittelbar Betroffenen, die Hilfe suchen, möchte ich hier eine erste Orientierung geben und Mut machen. Sollte mir das gelingen, würde mich das sehr freuen. Wenn Sie sich fragen, ob und inwiefern Sie von Burnout betroffen sind: Sollten Sie bis hier mit Eigeninteresse gelesen haben, könnte es sinnvoll sein, sich näher zu informieren und gegebenenfalls Schritte einzuleiten.

Drei wichtige Punkte vorneweg 


1. Burnout ist eine Krankheit. Sie kann behandelt werden, und zwar mit einer fast hundertprozentigen Heilungschance.

2. Burnout-gefährdete Menschen und Betroffene sind keine "übersensiblen Weicheier", sondern im Gegenteil meist Menschen, die sehr hart mit sich umgehen und zugunsten eines "großen Ganzen" eigene Bedürfnisse hintanstellen - nicht selten bis sie buchstäblich zusammenbrechen. Vermutlich fühlen sich Menschen mit Burnout deshalb oft missverstanden, ungerecht behandelt und als Opfer - und das häufig mit Berechtigung. Gleichzeitig sind sie aber natürlich für ihr Verhalten selbst verantwortlich und insofern "Täter". Je schneller es gelingt, die eigene Verantwortung für die Situation zu erkennen und aktiv für sich (und ihre Gesundheit) einzustehen, desto schneller kann der Genesungsprozess verlaufen.

3. Aus ihrer unguten Situation versuchen sich Burnout-Betrofffene häufig mit jenen ausgeprägten Mitteln zu befreien, die sie dorthin gebracht haben, meist Idealismus, Leistungsgedanken, Durchhaltevermögen. Bei Burnout gilt aber besonders Einsteins Satz, nachdem sich Probleme niemals mit derselben Denkweise lösen lassen, durch die sie entstanden sind. Mittel- bis langfristig ist eine veränderte Haltung sich selbst und der Umwelt gegenüber nötig. Aus der Krise herauszukommen und zu lernen, anders und gleichzeitig authentisch zu denken, zu handeln und zu fühlen ist ein komplexer, schwieriger und langwieriger Prozess.

Was ist Burnout?

  • Burnout ist ein Zustand, der sich durch körperliches und seelisches Unwohlsein äußert und oft mit einer tiefen persönlichen Sinnkrise verbunden ist. Burnout kann sich über Jahre hinweg aufbauen und hinziehen - mit wechselnden guten und schlechten Phasen. Ursache ist so gut wie immer eine oder mehrere längere Stressphasen, infolge dessen der Stoffwechsel gestört wird und sich eigentlich hilfreiche Denk- und Handlungsmuster verselbständigen und dadurch ungut wirken. So kommt ein Prozess in Gang, der dauerhaft negativ auf das körperliche, seelische und soziale Gleichgewicht der Betroffenen wirkt. Zunächst geschieht das sehr langsam und unmerklich, im weiteren Verlauf aber immer schneller und stärker bis es – im Extremfall – zu einem körperlichen und/oder seelischen Zusammenbruch kommt.
  • "Burnout" ist ein Sammelbegriff für viele physische und psychische krankhafte Leiden. Die Fachwelt diskutiert schon länger, wie Burnout als Krankheit genau zu definieren und wie am besten damit umzugehen ist. Für Sie ist im Moment nur wichtig: Ihnen geht es schlecht, und zwar gesundheitlich! Gehen Sie zum Arzt!
  • Burnout ist mit einem ganzheitlichen Erschöpfungszustand verbunden (mental und/oder körperlich), der oft als "total" beschrieben wird und meist in irgendeine Form von Depression mündet. Deshalb – das ist wichtig – hat Burnout auch eine lebensbedrohliche suizidale Komponente.
  • Burnout resultiert aus langanhaltendem Stress. Unabhängig von äußeren Stressoren ist Stressempfinden stark vom Einzelnen abhängig. Vom Einzelnen hängt deshalb auch ab, was wie lange nötig ist, um krankhaft auszubrennen.
  • Ursache für Burnout ist eine übermäßige, meist unbewusste körperliche, seelisch-mentale und auch soziale Beanspruchung bzw. Vernachlässigung als Reaktion auf Stress. Zwar ist dies den äußeren Umständen geschuldet, entspringt jedoch eigenen individuellen Mustern. Beispiele:
    • Starkes und fast ausschließliches Ausrichten und Konzentration auf einen Lebensbereich über einen längeren Zeitraum (Arbeit bzw. Karriere, Partnerschaft etc.)
    • Perfektionismus und enorm hohes idealistisches Anspruchsdenken mit entsprechenden Leistungserwartungen an sich und andere
    • Überzogenes Schultern von (Fremd-) Verantwortung
    • Überstunden bzw. lange Tages- und Wochenarbeitszeiten
    • Verzicht auf Pausen und Schlaf
    • Gedankenloses Essen und Trinken (was, wieviel, wie schnell)
    • Übermäßiger oder gedankenloser Kaffee-, Zigaretten-, Alkohol-, Zucker- oder Fernsehkonsum
    • Wenig Bewegung, zumindest weniger als sonst
    • Hintanstellen der eigenen Bedürfnisse und Interessen
    • Schleichender Verzicht auf private Termine und Kontakte
  • Der Stoffwechsel ist für Gehirn und Körper entscheidend. Bei Burnout ist der Stoffwechsel stressbedingt gestört, was sich unterschiedlich auswirkt, z.B.:
    • Merkfähigkeit und Konzentration lassen nach.
    • Erholung ist erschwert bzw. gar nicht mehr möglich.
    • Ständige Müdigkeit macht sich breit, auch mehrere Stunden Schlaf bringen keine Erholung mehr.
    • "Dünnere Haut", erhöhte Aggressivität
    • Eingeschränkte Analysefähigkeit, Tunnelblick
    • Eingeschränkte Fähigkeit gute Entscheidungen zu treffen
    • Die Leistungsfähigkeit sinkt insgesamt.
  • Gleichzeitig verselbständigen sich - meist unbewusst (!) - gewisse Denk-, Handlungs- und Gefühlsmuster, so genannte "Erfolgsmuster". Sie werden im Gehirn überrepräsentiert und finden deshalb übermäßige - meist unbewusste (!) - Anwendung, z.B.: 
  • Erfolgsdenken: "Es zählen ausschließlich Ergebnisse und Leistung!"
  • Statusdenken: "Was sollen denn die anderen denken?"
  • Existenzangst: "Ich muss, sonst ist alles aus!"
  • Generalismus, Idealismus: "Man kann doch nicht...!", "Wenn nicht ich, wer dann?"
  • Durchhalten: "Das wird schon wieder!", "Zähne zusammenbeißen!", 
  • Dranbleiben: "Viel hilft viel!"
  • Diese in spezifischen Einzelsituationen hilfreichen, jetzt fast ausschließlich wirkenden Muster sorgen für einen kontraproduktiven Umgang mit sich und der Situation und erschweren Betroffenen, ihre Gefährdung oder Erkrankung zu erkennen und notwendige Schritte einzuleiten – und das, obwohl es an deutlichen Hinweisen des eigenen Körpers und des Umfelds oft nicht mangelt, z.B. anhaltend und/oder wiederkehrend: 
    • Kopf-, Rückenschmerzen
    • Sodbrennen
    • ständige Infekte
    • Lust- und Antriebslosigkeit
    • erschöpftes, müdes Gefühl
    • Schlaf-, Verdauungsstörungen
    • Konflikte und Streitereien
    • erhöhte Aggressivität
    • immer weniger (private) soziale Kontakte
    • ständiges Grübeln
    • Panik- bzw. Angstattacken
    • Hörsturz/Tinnitus

 

Erste Hilfe für Betroffene


Bitte fassen Sie die folgenden Punkte als wirklich ernst gemeinte Hinweise auf. Sie haben sich oft bewährt und sind alles andere als alarmistisch, dogmatisch oder gar esoterisch.

1. Sorgen Sie dafür, dass es Ihnen gut geht! Nehmen Sie Warnzeichen, Ihre Empfindungen und Gefühle ernst!
  • Nur wenn es Ihnen gut geht, können Sie das erreichen, was Ihnen wichtig ist. Nur dann können Sie für Ihren Partner, Ihre Familie, Ihr Unternehmen, Ihr Team, Ihre Freunde - und für sich selbst - da sein! 
2. Suchen Sie sich so schnell wie möglich Hilfe!
  • Gehen Sie zum Arzt!
    • Würden Sie bei einem Bandscheibenvorfall sagen: „Augen zu und durch, das wird schon irgendwie“? Eben. Jetzt sind zwei Ihrer überlebenswichtigsten Organe erkrankt: Ihr Gehirn. Und Ihre Seele.
    • Manchmal ist die Burnout-Krise mit körperlichen Beschwerden verbunden. Dann kann es Sinn machen, Ihren Hausarzt aufzusuchen. In Sachen Burnout und Depression haben Allgemeinärzte naturgemäß weniger Expertise als Fachärzte. Am besten suchen Sie deshalb (gleichzeitig) auch einen Facharzt auf: Psychiater, Psychologen oder Psychotherapeuten (Wer macht was: Siehe hier). Die Krankenkassen übernehmen diese Kosten!
  • In einer akuten Krise:
    • Psychiatrische Notfall- und Fachabteilungen Ihres lokalen Krankenhauses dienen 24 Stunden als Anlaufstelle. Auch lokale und überregionale Krisendienste können helfen und Hinweise geben, z.B. die Telefonseelsorge: 0800 – 111 0 111
    • Im extremen Notfall rufen Sie die 110 oder die 112!
  • Vertrauen Sie sich wohlmeinenden Menschen an!
    • Öffnen Sie sich echten (!) Vertrauenspersonen im privaten oder beruflichen Umfeld, z.B. Partner/Partnerin, Freund/Freundin, oder auch wirklich vertrauensvollen (= verschwiegenen) KollegInnen. Sie werden sich wundern, wieviele Menschen ähnliche Probleme haben!
  • Suchen Sie Kontakt zu Selbsthilfegruppen!
    • In einer Selbsthilfegruppe profitieren Sie vom Austausch und von den Erfahrungen und Hinweisen selbst Betroffener. Suchen Sie nach Gruppen, die sich mit Burnout, Depression oder Angst befassen oder wenden Sie sich an die Anonymen Arbeitssüchtigen.
  • Fragen Sie bei Ihrer Krankenkasse nach!
    • Nutzen Sie die Informationsangebote Ihrer Krankenkasse, die ein großes Eigeninteresse haben, Ihnen schnell zu helfen: Burnout ist teuer.

3. Wenn es Ihnen schlecht geht, lassen Sie sich krankschreiben!
  • Bleiben Sie vor allem krankgeschrieben, bis Sie wieder gesund sind!

4. Treffen Sie wichtige (Lebens-) Entscheidungen erst, wenn es Ihnen wieder gut geht!
  • Nur in einer guten Verfassung sind Sie in der Lage, bewusst gute Entscheidungen für sich zu treffen.

5. Achten Sie auf sich und Ihren Stoffwechsel! Hier ein paar Tipps:

  • Sorgen Sie für ausreichend Pausen und Schlaf!
    • Nehmen Sie sich bewusst Zeit für Frühstück, Mittagspause und Abendessen!
    • Essen Sie bewusst und lassen Sie sich nicht ablenken!
    • Schlafen Sie täglich so viel wie sie wirklich (!) brauchen, nicht wie wenig Sie sich selbst einreden zu brauchen!
  • Achten Sie auf eine ausgewogene und gesunde Ernährung!
    • Trinken Sie zwei Liter am Tag, am besten Wasser!
    • Alkohol, Zucker und sonstige Süßigkeiten mäßig bis gar nicht (Gehirnstoffwechsel)!
    • Essen Sie fünf Portionen Gemüse und Obst am Tag (Körperstoffwechsel)!
    • Essen Sie angemessene Mengen, vor allem vernünftige Fleischmengen!
    • Reduzieren Sie den Zigaretten- und Kaffeekonsum oder verzichten Sie ganz darauf!
  • Bewegen Sie sich!
    • Täglich mindestens eine halbe Stunde im Freien (Licht, Sauerstoff)!
    • Täglich 30 Minuten moderate Bewegung: Spazierengehen, Fahrradfahren!
    • Leichter Ausdauersport, drei Mal pro Woche 30 bis 45 Minuten: Laufen, Walken, Schwimmen, Fahrradfahren, Wandern (Hormone, Regeneration)!
    • Yoga, Pilates, Tai Chi, QuiGong, Aikido…
  • Achten Sie auf Ihre Gewohnheiten, vor allem Ihre Denkgewohnheiten!
    • Tun Sie alles (!) möglichst bewusst! Überprüfen Sie, ob das im Moment (!) zielführend ist.
    • Nehmen Sie v.a. sich, aber auch anderen gegenüber eine freundliche Haltung ein!
    • Achten Sie auf eine positive Wortwahl!
    • Achten Sie darauf ob Leistung und Zwang Ihr Denken und Tun übermäßig beherrschen. Fragen Sie sich, ob das immer angemessen ist!
    • Kommen Sie eventuell vorherrschendem Katastrophen-, Defizit- und Problemdenken auf die Schliche und versuchen Sie es nach Möglichkeit zu relativieren und durch Lösungsorientierung zu ersetzen!
  • Nehmen Sie Medikamente!
    • … wie Sie es zuvor mit Ihrem Arzt abgesprochen haben. Medikamente können den Genesungsprozess beschleunigen. Oft sorgen sie dafür, dass Sie überhaupt therapiefähig werden. Zu Wirkweisen und Nebenwirkungen von Antidepressiva siehe Anmerkungen.
6. Kommen Sie zur Ruhe! Suchen Sie Abstand! Hier ein paar Tipps:
  • Schaffen Sie Freiräume für sich! Meiden Sie Gelegenheiten, die Ihnen im Moment schaden!
    • Verzichten Sie auf jeden Input und Austausch, der nicht unbedingt notwendig ist.
    • Lesen, hören, sehen, sprechen Sie nur, was Ihnen gut tut oder Sie tun müssen.
    • Machen Sie stets nur eine Sache und konzentrieren Sie sich ausschließlich darauf.   
  • Konzentrieren Sie sich auf Förderer und unterbrechen Sie störende Kontakte – zumindest temporär:
    • Umgeben Sie sich hauptsächlich mit wohlmeinenden Menschen und Dingen, die Ihnen gut tun!
    • Vermeiden Sie nach Möglichkeit Kontakte zu störenden, nervenraubenden Arbeitskollegen, Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten!
    • Meiden Sie für eine Weile Medien (Medienfasten): Ihr Arbeitsspeicher ist im Moment überlastet. Verzichten Sie deshalb auf weniger wichtigen Input: Nachrichten im Radio, Fernsehen oder Internet,Musik oder Podcasts beim Auto- oder U-Bahnfahren oder beim Joggen, etc.
  • Lernen Sie, dem Alltag wieder normal und ohne Dauerstress zu begegnen!
    • Machen Sie sich mit Achtsamkeitsübungen vertraut, z.B. Meditation oder Übungen nach der MBSR von Jon Kabat-Sinn (Siehe Anmerkungen unten) .
    • Lernen Sie Atementspannung, Autogenes Training oder die Progressive Muskelentspannung
    • Lassen Sie Ihre Hobbies und Kreativität wieder in Ihr Leben, was auch immer das sein mag.
  • Wenn es Ihnen nahegelegt wird und es Ihnen möglich ist, gehen Sie in eine Klinik!
    • Oft ist ein Wandel erst möglich, wenn man eine andere Perspektive einnimmt. Ein Aufenthalt in einer Klinik kann diesen Prozess maßgeblich unterstützen.
7. Erst Gesundheit, dann Entscheidung! Erst Arzt, dann Coach!
  • Werden Sie nach Möglichkeit erst gesund, dann - mit klarem Kopf und im Vollbesitzt Ihrer Kräfte - entscheiden Sie am besten erst über wichtige Dinge in Ihrem Leben. 
  • Eine gute Übersicht über das Thema Therapie (Formen, Ablauf, Therapeutensuche etc.) finden Sie hier. Bei der Therapeutensuche kann Ihnen eventuell Ihre Krankenkasse helfen

 

Wie geht es weiter?


Ihr Zustand ist unangenehm und wahrscheinlich auch leidvoll. Das wollen Sie so schnell wie möglich ändern. Und das werden Sie auch, schließlich haben Sie Ihr ganzes Leben Willenskraft und Durchhaltevermögen bewiesen. Beides ist aber erst später wichtig. Zunächst brauchen Sie etwas, das bei Ihnen vermutlich weniger ausgeprägt ist: Geduld, Zeit und Vertrauen darauf, dass es trotz Krise und Ungewissheit gut für Sie weitergehen wird. Sie finden das schwierig? Das ist es auch. Bedenken Sie aber, dass es - je nach Schwere der Krise - die große Baustelle Ihres Lebens ist, die Sie da bearbeiten, mit entsprechend großen Fragen und Aufgaben. Da sollten Sie nichts überstürzen. Ein Ausblick auf das, was Sie nun erwartet:

  1. Gesund werden, wieder klar denken und fühlen: Stoffwechsel zurechtrücken, Akku reparieren, regenerieren, Energie aufladen.
  2. Aufarbeiten und Verstehen: Was ist passiert? Warum?
  3. Muster auf den Prüfstand: Was war/ist hilfreich, was weniger?
  4. Jetzt erst wäre gut, sich zu fragen: Was will ich in Zukunft?
  5. Was brauche ich dafür? Was davon habe ich schon? Was ist hinderlich und wovon verabschiede ich mich besser? Was brauche ich noch?  
  6. Erst jetzt bitte: Entscheiden, loslegen, Erfahrungen machen
  7. Sich dabei komisch fühlen.
  8. Erfolge haben, sich dabei gut fühlen und zufrieden sein.

Liebe Leserinnen und Leser, Burnout ist ein komplexes Problem und ein schwieriger persönlicher Prozess, für den jede/r eine eigene Lösung finden muss. Das ist für die Betroffenen selbst und für deren Umfeld oft langwierig, kompliziert, konfliktbehaftet und auch schmerzhaft. Die Mühen lohnen sich aber. Denn das Ergebnis ist ein besseres Lebensgefühl und eine größere Zufriedenheit – auch wenn Ihnen das vielleicht im Moment schwer fällt zu glauben.

Allen Betroffenen wünsche ich herzlich alles Gute!

Wenn Sie weiterführende Fragen haben, gerne (wirklich!) können Sie mich kontaktieren: edgar.rodehack(at)trellis.de.



Hinweise & Anmerkungen

Ein neues Auto bauen, in einer Woche. Geht das? - über das Projekt WIKISPEED

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Scrum kommt aus der Softwareentwicklung. Aber mit den Ideen aus der Softwareentwicklung kann man auch Hardware bauen, in diesem Fall ein Auto. Joe Justice hat vor ein paar Jahren das Projekt WIKISPEED gegründet. Freiwillige aus der ganzen Welt helfen mit, um in einer Woche eine neue Version eines Autos zu bauen. Und das geht wirklich. Jetzt gibt es auch in Deutschland die Gelegenheit dazu.

Die Toyota-Ingenieure waren irgendwie schlauer als die von GM damals. Sie wussten, dass es bei neuen Modellen immer noch Änderungen an den Stanzen für die Bleche gab. Während bei GM ein strenger Änderungsprozess durchlaufen werden musste, haben die Kollegen bei Toyota die Formen etwas größer gemacht und einfach runtergefeilt, wenn es sein musste. Bei GM hat jede Änderung Wochen gebraucht, bei Toyota ein paar Minuten /1, Kap. 3/. Der Entwicklungsprozess bei Toyota war entsprechend schneller und kostengünstiger. (Hart arbeiten bringt also nichts, wenn der Prozess nicht stimmt.)

Aber es geht noch schneller. Joe Justice hat mit seinem weltweit verteilten Team von WIKISPEED ein Auto konzipiert, dass sehr modular und flexibel aufgebaut ist. In einem schon etwas älterem Bericht von Daily Planet (Discovery Channel USA) kann man sich eins dieser Autos und die Werkstatt genauer ansehen /2/.


Joe hat mit seinem Team die ganzen Ideen, die er aus der Softwareentwicklung kannte, für die Hardwareentwicklung benutzt. Die Arbeit wird nach Scrum organisiert. Jede Woche werden Einträge vom Backlog abgearbeitet. Die ganze Architektur des Autos ist modular und objekt-orientiert aufgebaut. Das bedeutet, dass sich einzelne Teile sehr gut rausnehmen und verbessern lassen. So, wie ich das verstanden habe, wurden die ganzen Komponenten unter einer Open-Source-Lizenz veröffentlicht. Jeder kann sich also die Details im Netz ansehen und mitverbessern.

Joe arbeitet mittlerweile für die Firma Scrum Inc., die Firma vom Scrum-Miterfinder Jeff Sutherland. Im Juni (15.-17.06.2015) sind übrigens beide beim Scrum-Day in Stuttgart. Diesmal gibt es auch einen eigenen Workshop von Joe Justice mit dem Titel "Extreme Manufacturing (XM)" (incl. CSM-Zertifizierung). Dort kann man sich das Auto dann live ansehen und mitbauen.

Noch sind Plätze frei. Also schnell buchen: http://www.scrum-day.de/extreme-manufacturing-incl-csm-with-joe-justice.html

Anmerkungen

  • /1/ Poppendieck, Mary ; Poppendieck, Tom: Lean Software Development : An Agile Toolkit. 1. A.. Boston: Addison-Wesley Professional, 2003.
  • /2/ Daily Planet: 100 MPG Fuel Efficient Car for $25,000 SGT-01 | WIKISPEED, Youtube, hochgeladen am 06.11.2011, abrufbar unter https://www.youtube.com/watch?v=9c_XWlVwdTc 

    Aktuell: Triff die Autoren dieses Blogs

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    Die Autoren vom Teamwork-Blog freuen sich auf ein Treffen mit den Leserinnen und Lesern. Hier mal ein Terminüberblick, auf welchen öffentlichen Terminen wir uns begegnen können. Sprecht uns ruhig an.

    freiräume 2015, 29.-30.05.2015, Hannover

    Das Teamwork-Blog ist Mitausrichter einer Konferenz zum Thema "Arbeiten auf Augenhöhe". Wir wollen mit den Sprechern und Besuchern Ideen austauschen und neugierig machen. Wir haben interessante Sprecher gefunden, die uns von ihren Versuchen berichten und dabei wider Erwarten sehr erfolgreich waren.

    Mit dabei vom Blog sind Jan, Peter und der Wolf. Mehr Infos unter http://freiraeume.github.io/2015/.

    Scrum Day 2015, 16.-17.06.2015, Filderstadt (bei Stuttgart)

    Der Scrum Day ist eine gute Gelegenheit, sich in der agilen Szene in Deutschland auszutauschen. Angeboten werden ca. 30 Vorträge über Scrum, Agilität, Einführung und Skalierung von agilen Vorgehensweisen. Als Keynote-Speaker werden Jeff Sutherland (Co-Erfinder von Scrum), Joe Justice (WIKISPEED, eXtreme Manufacturing) und Jurgen Appelo (Management 3.0) einen Vortrag und auch einen Workshop halten.

    Mit dabei vom Blog sind Jan und Peter. Wir gehören zum Team von Scrum Events. Mehr Infos unter http://www.scrum-day.de/.

    Agile Contracts, 30.06.-02.07.2015, München

    Gerhard Versteegen und sein Team wollen speziell das Thema Vertragsgestaltung für agile Projekte genauer beleuchten. Die Konferenz richtet sich an Führungskräfte und Einkaufer. Jan stellt in einem der Vorträge den Rahmendienst-Sprintwerkvertrag vor.

    Mit dabei vom Blog ist Jan. Mehr Infos unter http://www.agilecontracts.de/.

    Wer das wissen muss – Wissensmanagement im Team

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    Der Erfolg eines Teams hängt zu einem nicht unerheblichen Teil von der internen Kommunikation des Teams ab. Weiß jeder – auch die Teamleitung – jederzeit was wie getan wird und wie der Stand der Dinge ist? Wenn ja, wieviel Aufwand muss in diese „Teamadministration“ gesteckt werden? Ein gutes Maß zur Selbstbewertung ist der Umfang des „gefühlten Chaos“ das ausbricht, wenn ein Teammitglied unerwartet ausfällt. Geht das einigermaßen reibungsarm über die Bühne?

    Das Ziel muss sein, mit möglichst wenig Aufwand möglichst wertige Informationen im Team vorzuhalten. Die Frage der Führungskraft: »Wie weit ist eigentlich das Projekt Lagererweiterung gediehen? Wo stehen wir jetzt?« muss sich umstandslos und korrekt beantworten lassen. Im oben genannten Fall eines kurzfristigen Ausfalls einer Person steht die Frage im Raum: »An welchen Themen ist der Peter eigentlich gerade dran? Was muss als Nächstes getan werden? Wer kann das übernehmen?« Es ist wichtig, dass diese Fragen sich schnell und vollständig beantworten lassen, ohne Peters E-Mails der letzten drei Wochen filzen zu müssen. Wolf hat hier vor einiger Zeit die Vorgangsliste vorgestellt. Deren Einsatz kann ich nur wärmstens empfehlen./1/

    Wo sind wir Experte?

    Das geschilderte Szenario ist die eine Seite des Themas der ganz alltagsnahen, praktischen Fragen. Die andere Seite ist diese: In welchen Themen ist unser Team der Experte? Wo kennen wir uns so richtig gut aus? Wer bringt welche Informationen mit – vielleicht auch jenseits des Alltäglichen (Petra ist Vorstand eines großen Rudervereins – ein Fest für 100 Leute organisieren – sie kann das. Heinz hat eine rumänische Großmutter, er spricht fließend Rumänisch.). Wer die Excel-Fachfrau im Team ist, hat sich rumgesprochen. Aber ist es Sabine auch recht, wenn sie – obwohl das keineswegs ihren normalen Aufgaben entspricht – immer mal wieder für knifflige Funktionen eingespannt wird? Sagen tut sie ja nichts dagegen. Wissen über Wissen und Können entsteht fast immer zufällig! Das kann nicht gut sein. Ein Lösungsansatz ist die Kompetenzmatrix.

    Kompetenzmatrix

    Einem kleinen Unternehmen, das auf Sonderanfertigungen im Maschinenbau spezialisiert ist, ging ein lukrativer Auftrag verloren, weil durch krankheitsbedingte Ausfälle in der Urlaubszeit eine systemwichtige Aufgabe nicht bearbeitet werden konnte. Es war einfach niemand zur Stelle, der diese Aufgabe hätte erledigen können. Vor diesem Zwischenfall hatte niemand wahrgenommen, dass es an dieser Stelle einen personellen Engpass gab.
    Die Lösung war so einfach wie wirkungsvoll. In einer Matrix wurden die Mitarbeitenden und die wichtigsten Aufgabenpakete gelistet. Die Mitarbeiter trugen ein »E« für Experte ein, ein »V« für »Da kann ich vertreten« ein, »G« für »Grundkenntnisse, ich weiß, worum es geht, kann das aber nicht verantwortlich durchführen« und einen Strich für »Hier kenne ich mich gar nicht aus«. 

    Hier ist eine vereinfachte Kompetenzmatrix:



    Auftragsannahme
    Produktionsüberwachung
    Liefervorbereitung
    Maria Weiß
    E
    -
    V
    Peter Schwarz
    -
    E
    V
    Edgar Roth
    V
    -
    E
    Paula Braun
    V
    E
    -


    Ziel ist, für jedes wichtige Aufgabenpaket mindestens einen, besser zwei Experten und zwei Vertreter zu haben. Wenn das nicht gegeben ist, können Mitarbeitende, die »G« für Grundkenntnisse angegeben haben, zu Vertretern aufgebaut werden. 

    Über diesen vordergründigen Nutzen für das Team hinaus finde ich es auch sehr wichtig, Entwicklungsperspektiven zu sehen, wahrzunehmen und auch gezielt zu suchen - sowohl für mich selbst als auch für Menschen, für die ich Verantwortung trage. "Wo entwickeln wir uns hin?" ist in meinen Augen eine der spannendsten Fragen überhaupt. Sie dem Zufall zu überlassen, halte ich für keine gute Idee.

    Widerspruch ist in den Kommentaren dieses Blogs willkommen!

    Dies ist ein leicht bearbeiteter Auszug aus meinem neuesten Buch "Überleben in der Informationsflut" /2/

    Anmerkungen:


    Wie adaptiv sind Ihre Prozesse? Teil 1: Der Strukturierungsgrad

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    Jan und ich sind gerade dabei, das Prozessmodell zu überarbeiten, das wir in unseren Projektberatungen verwenden. Vielleicht interessiert es ja den einen oder anderen Leser, einen Blick in unsere Werkstatt zu werfen.
    Teamworkblog (Zensurabteilung): Wie blöd ist das denn?? Was ist das bitteschön für ein gähnlangweiliger Teaser?? Also mal ein bisschen zackiger, wenn ich bitten darf!
    Die bekannten Vordenker Jan Fischbach und Wolf Steinbrecher der weltbesten Beratungsfirma Common Sense Team GmbH haben ein neues bahnbrechendes Prozessmodell entwickelt, dessen Siegeszug um den Globus nichts mehr im Wege steht. Teamworkblog fühlt sich geehrt, die Vorankündigung dieser ganz ganz klitzekurz vor der Vollendung stehenden Großtat auf seinen Seiten veröffentlichen zu dürfen.
    TWB (ZA): Na also, geht doch! (Wenn man nicht dauernd aufpasst, läuft alles sofort aus dem Ruder.)

    Stark strukturierte Prozesse

    Bei dieser Unterscheidung geht es darum, wie gut ein Prozess bis in alle Details normiert werden kann. Stark strukturierte Prozesse sind solche, bei denen alle einzelnen Realisierungen – die einzelnen „Vorgänge“ – immer nach dem gleichen „Schema F“ ablaufen.
    Ein Beispiel für einen stark strukturierten Prozess ist das Verbuchen von Lieferantenrechnungen im Unternehmen. Eine solche Rechnung durchläuft immer die gleichen Stationen mit immer den gleichen Arbeitsschritten.

    Abbildung 1: Das Verbuchen von Rechnungen ist ein stark strukturierter Prozess



    Stark strukturierte Prozesse sind solche mit sehr geringer Unsicherheit: die Wahrscheinlichkeit, dass ein von mir geplantes Ergebnis des Prozesses auch wirklich eintritt, liegt nahe 100%.

    Schwach strukturierte Prozesse

    Aber es gibt auch ganz andere Prozesse, und ihre Bedeutung wächst ständig. Bei schwach strukturierten Prozessen gleicht kein einzelner Fall genau dem anderen. Der Ablauf ändert sich ständig, unvorhergesehene Hindernisse treten auf. Die Zahl möglicher Prozessvarianten wächst ins Uferlose. Die Unsicherheit ist groß, welches Ergebnis am Ende stehen wird.
    Ein Beispiel für einen schwach strukturierten Prozess sind z. B. Vertragsverhandlungen mit Kunden über ein Service Level Agreement: der Vertragsgegenstand ist schwierig, der Kunde ist schwierig, und wir selbst sind uns auch nicht einig.

    Abbildung 2: Neben stark strukturierten Prozessen gibt es noch ganz andere




    Eine Stufenleiter des Strukturierungsgrads

    Snowden und Boon haben das sog. Cynefin-Modell vorgeschlagen (ausgesprochen "Kjunefin", /1/).  Mit diesem Modell teilen sie das Kontinuum zwischen ganz stark und ganz wenig strukturierten Prozessen in vier Stufen ein: einfach, kompliziert, komplex und chaotisch.

    • bei einfachen Prozessen gibt es immer einen eindeutigen, klar zutage liegende Weg, um vom Auslöser („Rechnung geht ein“) zum Ergebnis zu kommen („Rechnung wird bezahlt“). Es gibt best-practice-Lösungen.
    • bei komplizierten Prozessen gibt es auch einen eindeutigen Lösungsweg, er liegt aber nicht klar zutage. Man braucht Fachwissen. Schon das Reparieren eines Autos gehört dazu (vor allem, wenn es um Steuerungselektronik geht). Beim Behandeln von Patienten ist die Notwendigkeit, auf Expertenwissen zurückzugreifen, noch deutlicher. Es gibt good practice, aber nicht die richtige Lösung.
    • Komplexe Prozesse sind in der Regel solche mit Rückkopplungen. Vertragsverhandlungen sind ein Beispiel, bei dem beide Parteien aufeinander reagieren. Das genaue Ergebnis der Verhandlungen steht zu Beginn nicht fest.
    • Bei chaotischenProzessen gibt es gar keine Muster, sondern nur den Zwang zu schnellen Entscheidungen.
    Der Artikel, in dem Snowden und Boon ihr Modell in der HBR vorstellten, wurde als das beste Praktiker-Papier dieses Jahres im Bereich Organizational Behavior von der Organizational Behavior Division der Academy of Management bezeichnet. /2/

    Eine kurze und prägnante Einführung gibt Snowden in einem 9minütigen Video auf Youtube:
    https://www.youtube.com/watch?v=N7oz366X0-8&feature=youtu.be

    Diese Überlegungen zu schwach strukturierten Prozessen (wie auch parallel verlaufende Diskussionen über „Adaptive Case Management“ /3/) übersteigen den gegenwärtigen Horizont der deutschen Organisationswissenschaft bei Weitem (mit Ausnahme von einigen Blogs, siehe unter /4/).

    Wo man auch hinschaut, was immer man liest – überall herrscht das Paradigma der stark strukturierten Prozesse vor. Ob im Prozessmanagement, im Qualitätsmanagement, im Design von Unternehmenssoftware: überall wird so getan, als ob man alle Prozesse stark strukturieren könnte. Taylorismus und Fordismus mit ihrem Fließbandmodell haben die deutsche Prozesskultur so tief geprägt, dass sie sich sehr schwer tut, andere Diskussionen auch nur wahrzunehmen. Ständig ist von Normierung, Best Practice, Workflows die Rede – Konzepte, die schon für komplizierte Prozesse nicht mehr anwendbar sind.

    Aber es kommt noch schlimmer. Neben der Unterscheidung des Strukturierungsgrads von Prozessen muss man noch ihre Adaptivität beachten. Es gibt nämlich hoch und niedrig adaptive Prozesse.

    Dazu heute Abend mehr.

    Anmerkungen


    Wie adaptiv sind Ihre Prozesse? Teil 2: Die Adaptivität

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    Heute früh habe ich die verschiedenen Strukturierungsgrade von Prozessen dargestellt und mich dabei des Cynefin-Modells von Snowden bedient. Aber Prozesse sind nicht nur unterschiedlich strukturiert, sondern auch in verschiedenem Maße adaptiv. Beide Begriffe werden oft verwechselt. Die Adaptivität von Prozessen ist aber entscheidend für Organisationen in einem bewegten Umfeld. Zum Beispiel für Unternehmen, deren globale Märkte disruptiven Änderungen unterworfen sind. Oder werteorientierte Organisationen in einer Welt heftigen Wertewandels.

    Adaptivität von Prozessen

    Statt langer Erklärungen ein Bericht aus der Praxis und zwar aus dem Buch von Detlef Lohmann. Lohmann hat nach einigen Erfahrungen mit herkömmlichem Prozessverständnis sein Unternehmen völlig umgekrempelt. Er berichtet über eine seiner ersten Erfahrungen als frischgebackener CEO:

    "Mit raschen Schritten bin ich unterwegs in die Produktionshalle. Über Nacht ist mir eine gute Idee gekommen, wie ich die Arbeitsabläufe verbessern kann. (...)
    'Herr Büttner, Sie machen doch die Qualitätskontrolle der fertigen Produkte. Wenn Sie in Zukunft Ihre Ergebnisse immer sofort an die Kollegen von der Produktion weitergeben, können die sie gleich berücksichtigen. So vermindern wir Ausschuss.'
    'Das geht nicht, das steht nicht auf meinem QUBIS-Sheet', antwortet Herr Büttner. 'Laut QUBIS muss ich das Kontrollergebnis erst von Herrn Wenzinger von der Abteilung Interne Prüfung freigeben lassen, bevor ich es weiterleite.'
    Ich drehe mich zum leeren Arbeitsplatz von Herrn Wenzinger um und dann wieder Herrn Büttner zu.
    'Aber Herr Wenzinger ist doch nur halbtags da! Während Sie auf seine Freigabe warten, entstehen in der Produktion vielleicht weitere mangelhafte Teile.'
    Herr Büttner macht zwei Schritte zurück. 'Ich kann nichts machen, was nicht im QUBIS steht', beharrt er. (...)
    Immer dieses QUBIS! (...)
    Herr Büttner beugt sich wieder über seine Listen mit den Prüfergebnissen. Ich gehe langsam in mein Büro zurück." /1/

    Stellen Sie sich einen Koch vor, der arbeiten wollte wie Herr Büttner. Jeder Pizzabäcker hat ein ganz anderes Verständnis von seinen Pizzarezepten als Herr Büttner von der Rolle seiner Prozessbeschreibung. Ein Pizzarezept ist keine Vorschrift, sondern ein Ratgeber. Und es ist gleichzeitig eine Aufforderung zum Experiment. Pizzabäcker Giovanni will sich dem deutschen Geschmack anpassen und legt Ananas auf seine Thunfischpizza. Brrh! das Pizzaverständnis mangelt noch, aber sein Prozessverständnis ist gut. Als guter Koch gilt nicht jemand, der alles streng nach Rezept kocht, sondern einer, der viel ausprobiert und so die Rezepte entwickelt.

    Wir nennen Prozesse, wie von Detlef Lohmann beschrieben, niedrig adaptiv. Sie können nur schwer oder gar nicht an neue Herausforderungen oder an neue Ideen angepasst werden. Der Pizzaprozess von Koch Giovanni hingegen ist hoch adaptiv. Er probiert dauernd Neues aus.

    Entwurf einer Stufenleiter

    Versuchen wir es mit ein bisschen System.
    Wir nennen einen Prozess hoch adaptiv, wenn die verantwortlichen (Vorgangs-)Teams die Abläufe der einzelnen Vorgänge oder auch der Prozesse schnell und effizient anpassen (adaptieren) können. Ein Prozess ist niedrig adaptiv, wenn vor eine Anpassung hohe Hürden aufgebaut sind.

    Diese Hürden können sein:
    • starre Vorschriften
    • starre, in nur schwer anpassbare Software gegossene Workflows
    • Unternehmenskulturen, die bestimmte traditionelle Arbeitsweisen bevorzugen und z. B. eine Abneigung gegen Experimente stützen.

    Wir schlagen folgende Stufen der Adaptitivät von Prozessen vor:

    Tabelle 1: Stufen der Adaptivität

    Mit diesen Stufen wird in Kombination mit der Cynefin-Skala ein zweidimensionales Modell, das „Fadenkreuz der Prozesse“. Ein Prozess wie die Rechnungsverbuchung /2/ kann zwar stark strukturiert sein, aber unterschiedlich adaptiv.

    Abb. 1: Unterschiedliche Adaptivitätsgrade von Prozessen
    Abbildung 1 zeigt das an zwei Beispielen. Im vorhergehenden Blogartikel war vom Prozess „Rechnungen verbuchen“ die Rede. Es ist ein stark strukturierter Prozess. Aber auch dieser kann „gestört“ werden. Z. B. kann der Mitarbeiter, der die Rechnung als richtig abzeichnen muss, in Urlaub oder krank oder ausgeschieden sein. Was kann die Poststelle machen, die die Rechnung ihm eigentlich zustellen muss?

    Möglichkeit 1: Sie macht gar nichts. Weil sie nichts machen darf, oder nur auf eine Gelegenheit wartet, ihre „Nicht-Zuständigkeit“ zu demonstrieren. Oder weil die verwendete Workflow-Software diese Art der Störung nicht vorsieht und nicht angepasst werden kann. – Diese Stufe der (Nicht-) Adaptivität bezeichnen wir als „blockiert“.

    Möglichkeit 2: Die Poststelle kann und darf eine Einzelfalllösung suchen, also im Haus herumtelefonieren, ob sich jemand der Rechnung erbarmt. – Das nennen wir „Workaround“.

    Möglichkeit 3: Die Poststelle kann (vielleicht zusammen mit einem Superuser) die Workflow-Software schnell und unkompliziert anpassen. In diesem Falle sprechen wir von Prozessbeherrschung“.

    Diese verschiedenen Stufen der Adaptivität gibt es auch bei komplexen Prozessen, z. B. im Krankenhaus bei der Behandlung von Patienten. Die seit ein paar Jahren geltende Regelung der Fallpauschalen (nach Diagnosegruppen, sog. DRG’s) enthält sehr starre Vorschriften. Wenn der Fall eines Patienten in keine DRG-Schublade passt, steht das Krankenhauspersonal bisweilen vor der Wahl: entweder Geld zu verlieren oder den Patienten unsachgemäß zu behandeln.
    Was tun die Verantwortlichen in einem konkreten Krankenhaus? Machen sie „Dienst nach Vorschrift“ (blockiert)? Erfinden sie kreativ eine DRG-Zuordnung, die eigentlich nicht ganz legal ist, aber sie aus der Zwickmühle befreit? Oder ist der Patient Selbstzahler und nicht den DRG-Regeln unterworfen, so dass das Krankenhaus den Behandlungsvertrag jeweils frei verhandeln kann? Drei ganz verschiedene Stufen der Adaptivität!

    Mit dem Fadenkreuz der Prozesse lassen sich auch die Ziele von Organisationsentwicklungen plastisch darstellen.

    Abb. 2: Was sind die Ziele unserer OE-Maßnahmen?

    Viele Organisationen streben nach Standardisierung ihrer Prozesse oder von Teilen davon. Dagegen ist auch gar nichts zu sagen, denn damit werden ja potenziell unproduktiv gebundene Ressourcen für produktive Zwecke freigesetzt. Gerade bei Software-Projekten ist aber die unangenehme Nebenwirkung, dass die Adaptivität sinkt. Diesen Fall zeigt die Abbildung 2 als „Zielsituation 1“. Die Organisation gießt ihre Prozesse in eine relativ starre Software und vermindert ihre Adaptivität.

    In der aktuellen Situation aber, in der z. B. die Volatilität der Märkte zunimmt und Unternehmen immer schneller ihre Prozesse umstellen müssen, kann das extrem schädlich sein. Deshalb ist bei der Zielbestimmung von OE-Projekten immer darauf zu achten: erkaufe ich mir vielleicht eine (erwünschte) Zunahme an Strukturierungsgrad mit einer (gefährlichen) Abnahme meiner Adaptivität?


    Vielleicht wäre es ja besser, künftig mehr Organisationsentwicklung in Richtung "Zielsituation 2" in der Abbildung zu verfolgen: Also stärkere Strukturierung mit höherer Adaptivität zu verbinden. (Aber vielleicht braucht es dazu eine andere Software-Architektur.)

    Wie ist es bei Ihnen? Wie adaptiv sind Ihre Prozesse?

    Anmerkungen

    • /1/ Detlef Lohmann: „... und mittags geh ich heim. Die völlig andere Art, ein Unternehmen zum Erfolg zu führen.“ Linde Verlag Wien, 2012, Seite 38
    • /2/ Siehe Post von heute früh.

    Was ist der Zweck Ihres Unternehmens?

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    Bei aller operativer Hektik wird manchmal vergessen, was der Zweck des Unternehmens ist. Dann ist es gut, inne zu halten und sich an ihn zu erinnern. Aber kennen Sie eigentlich den Zweck Ihres Unternehmens? Woran könnte man ihn erkennen?
    Früher habe ich oft an meinem Schreibtisch gesessen und mich über (aus meiner Sicht) sinnlose Tätigkeiten aufgeregt. Mir war nicht klar, wozu ich dieses oder jenes tun soll. Noch heute macht mich alles mit "-management" am Ende des Wortes misstrauisch. Hilft es meinem Unternehmen oder lenke ich mich vom eigentlich Zweck ab.

    Aber was ist der Zweck des Unternehmens?


    Peter Drucker hat dieser Frage einen eigenen Aufsatz gewidmet /1, S. 35ff/. Er erklärt uns, dass die typische Antwort, ein Unternehmen sei "Eine Organisation, die Geld verdienen soll" nicht nur falsch sondern irrelevant sei. Er schreibt weiter: "Schlimmer noch: Das Konzept der Gewinnmaximierung richtet Schaden an." /1, S. 36/

    Drucker fasst den Zweck wie folgt zusammen: Ein Unternehmen muss einen Kunden finden. "Der Kunde entscheidet, was ein Unternehmen ist. Einzig und allein die Bereitschaft des Kunden, für ein Wirtschaftsgut oder eine Dienstleistung zu bezahlen, wandelt wirtschaftliche Ressourcen in Wohlstand um, macht aus Dingen Güter." /1, S. 37/ Werfen Sie ruhig einen Blick in diesen Aufsatz. Peter Drucker hat eine sehr klare Sprache, um Management zu beschreiben.

    Das ist schon ein guter Anfang und bedeutet, alles was uns davon ablenkt einen Kunden zu finden und ihm Nutzen anzubieten, wäre Verschwendung. Aber sehen wir noch einmal genauer hin.

    Was ist der Zweck einer Zeitung oder Softwarefirma?


    Diesen Punkt hat für mich Jeff Jarvis in einem Blogbeitrag beantwortet, nachdem der Sturm Sandy weite Teile New Yorks und der Umgebung ins 19. Jahrhundert zurück geschickt hat: "... journalists should measure their success not by column inches or by page views but by results: whether we, the public, know what we want and need to know." /2/ Eine Nachrichtenredaktion sollte danach bewertet werden, wie gut sie es schafft, die Öffentlichkeit informiert zu halten (und nicht nach verkauften Exemplaren oder Klicks auf der Website).

    Sehr schön finde ich auch die Frage, was der Zweck einer Softwarefirma ist? Dazu hat sich Joel Spolsky vor Jahren Gedanken gemacht /3/. Sinngemäß hat er gesagt, dass eine Softwarefirma Software verkauft, um das weitere Programmieren zu finanzieren. Damit sich die Software verkaufen lässt, muss sie tolle Funktionen enthalten, die die Kunden lieben.

    Was will der Kunde?


    Alles läuft auf die Frage raus: Was will der Kunde? Wissen Sie, was Ihr Kunde will? Wofür ist er bereit, etwas zu bezahlen? Viele Unternehmer beklagen sich, dass die Kunden nicht mehr für ihre Leistungen bezahlen wollen bzw. dass die Preise sinken. Kann ich als Unternehmer die Kunden dafür verantwortlich machen? Nein.

    Wenn die Kunden noch einen - wenn auch geringeren - Preis bezahlen, hat das Unternehmen seinen Zweck erfüllt. Es hat einen Kunden gefunden. Wenn die Kunden kein Geld mehr bezahlen, erfüllt es seinen Zweck nicht mehr. Es muss einen neuen Kunden finden. Dann ist auch klar, dass die Endbenutzer der großen Social-Media-Plattformen keine Kunden sind. Sie bezahlen nicht. Diejenigen, die bezahlen, die sind die Kunden. Der Zweck des Unternehmens ist es, für diese Kunden etwas zu tun.

    Anmerkungen

    • /1/ Drucker, Peter F. ; Gebauer, Stephan: Was ist Management? : das Beste aus 50 Jahren. München: Econ, 2002.
    • /2/ Jeff Jarvis: Journalism as service: Lessons from Sandy, erschienen in seinem Blog BuzzMachine am 28.11.2012, abrufbar unter http://buzzmachine.com/2012/11/28/journalism-as-service-lessons-from-sandy/
    • /3/ Leider habe ich nach einer Stunde Suchen den Beitrag nicht mehr gefunden. 


      Jetzt dauert es nicht mehr lang bis zum ersten freiraum-Camp in Hannover

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      Am Freitag und Samstag findet das erste freiraum.camp "Arbeiten auf Augenhöhe" in Hannover statt. Wir sind schon auf die Vorträge und Gespräche gespannt.
      Über das Thema "Arbeiten auf Aufgenhöhe" wird im Moment viel diskutiert. In diesem Jahr sind mir dazu drei Dokumentationen aufgefallen:
      • AUGENHÖHE: Sven Franke vom Team hat die Idee von Augenhöhe vor kurzen in einer WDR-Talkshow /1, 1:13:01/ gut zusammengefasst. Kann man sehen, wie anderes Arbeiten aussieht? Ja, man kann. Herausgekommen ist ein ausführlicher Besuchsbericht
      • Mein wunderbarer Arbeitsplatz: "Le bonheur au travail" wurde wie Augenhöhe ebenfalls als Webprojekt gestartet. Die Macher wollten nicht nur Probleme der heutigen Arbeitswelt zeigen, sondern auch neugierig auf Lösungen machen. Die Macher Martin Meissonnier, Laurence Uebersfeld und Isaac Getz haben verschiedene Unternehmen besucht und Hintergründe recherchiert. In einem Interview mit L'usine Nouvelle /2/ erzählt Martin Meissonnier, dass es gar nicht so leicht ist, glückliche Mitarbeiter zu filmen. Das kommt zu schnell als Werbung rüber. Es sei viel einfacher Missstände zu filmen als authentisch Lösungen zu zeigen.
      • Het einde van de manager: Auch in den Niederlanden gibt es große Diskussion über neues Arbeiten. Das TV-Magazin Tegenlicht hat eine Doku über Unternehmen ohne Manager im klassischen Sinne gemacht.
      Alle drei Dokumentationen haben Beispiele von Unternehmen gezeigt, die ihre Arbeitsweise bewusst überprüft und geändert haben. Jahrelang haben wir uns in unseren Unternehmen den Zwängen und Gegebenheiten unterworfen, weil das vermeintlich so sein musste. Nun sehen wir ganz viele Unternehmen, wo es wohl doch anders geht. Interessant ist dort die Rolle der Chefs.

      Bei der Konferenz in Hannover werden einige Vortragende aus ihren Firmen und Projekten berichten. Zudem haben wir einige Open Space Sessions eingeplant, um den Themen, die den Besuchern unter den Nägeln brennen, tiefer auf den Grund zu gehen. Über die Ergebnisse werden wir hier berichten. Bei Twitter haben wir den Hashtag #frrm15 gewählt.

      Anmerkungen

      Informationsmanagement für selbstorganisierte Teams: Was ist daran besonders? Wie führt man es im Unternehmen ein?

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      Am 8. Juli 2015 findet in München eine Werkstatt zu diesem Thema statt. Sie wird von Wolf Steinbrecher und Peter Fischbach (beide Teamworkblog und Common Sense Team) moderiert.  Ziel ist es, mit "Promotern des Wandels", die in ihren Organisationen oft auf Mauern stoßen, in einen Dialog zu treten und sie mit Kenntnissen zu unterstützen. Auch Beraterkollegen sind herzlich willkommen.


      Ziele der Werkstatt

      "Dokumentenmanagement ist Prozessmanagement." Denn ein Dokumentenmanagementsystem (DMS) managt keine Dokumente, sondern den Umgang von Menschen mit Dokumenten.

      Einerseits ist deshalb das Potential des Themas "Dokumentenmanagement" um ein Vielfaches größer, als man auf den ersten Blick vermutet.

      Andererseits ist aber die Einführung eines DMS auch mit besonders großen Risiken verbunden. DMS-Projekte scheitern besonders oft, weil man sie als rein technische Projekte angeht.
      Wir möchten gerne mit Change-Agents in Organisationen und mit Beraterkollegen, die vielleicht gar nicht auf dem Gebiet "Dokumente" unterwegs sind, über das Thema "Informationsmanagement und DMS einführen" in einen Dialog treten.

      Wir möchten Ihnen/euch in Form eines Vortrags unsere Erfahrungen vermitteln und sie dann gemeinsam zur Diskussion stellen.

      Das kann auch für Kollegen, die sich auf ganz anderen Bereichen bewegen - sich z. B. mit ERP-Systemen, Scrum-Einführung, strategischer Planung, Organisationsentwicklung oder Qualitätsmanagement befassen - interessant sein. Es kann Ihren/euren Beratungshorizont erweitern. Es bietet uns im Gegenzug die wertvolle Möglichkeit, Feedback von Ihnen/euch zu erhalten. Und vielleicht erhalten wir Ideen für gemeinsame Projekte.

      Die Teilnehmerzahl ist auf 12 begrenzt.

       

      Inhalte der Werkstatt

      1. Nicht Dokumente werden abgelegt, sondern Vorgänge gesteuert.
      2. Prozessorientierung und Objektorientierung.
      3. Stark und schwach strukturierte Prozesse. Workflows versus Adaptive Case Management.
      4. Verzahnung von Dokumenten- und Aktivitätsmanagement.
      5. DMS-Projekte sind Lernprojekte - typische Risiken ihres Scheiterns.
      6. Agile Wege, DMS-Projekte zum Erfolg zu führen.

      Datum / Ort
      Mittwoch, 8. Juli 2015, 9:00 bis 16:30 Uhr.
      Haus des Deutschen Ostens
      Am Lilienberg 5
      81669 München
      Tel.: 089/449993-112
      Raum 216

      Für die Teilnahme wird eine Umlage von 30 € für Raumkosten und Tagungsgetränke erhoben.

      Anmeldung bitte an w.steinbrecher[]commonsenseteam.de.

      Die Rolle des Projektmanagers bei unterschiedlichen Projektprofilen

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      Es gibt unterschiedliche Projektumgebungen, bei denen ein Projektmanager ganz andere Schwerpunkte setzen muss. Das wird schnell übersehen, wenn man nicht weiß, dass es so etwas wie Unsicherheitsprofile gibt.
      Viele Projektmanager kommen leider ganz unvorbereitet in ihre Rolle. Irgendwann gibt ihnen jemand den Auftrag sich um ein Projekt zu kümmern. Dann schlägt man sich irgendwie durch, überlebt das erste Projekt ohne Schaden und bekommt das nächste usw. Was fehlt ist ein fundiertes Verständnis dafür, was Projektarbeit ist.

      Sollten Sie gerade vor einem neuen Projekt stehen, überlegen Sie bitte ernsthaft, eine Projektmanagementschulung für sich und Ihr Team zu bestellen /1/. Die Kosten für eine Schulung sind viel geringer als der durchschnittliche Verzug im Projekt /2/.

      Es gibt unterschiedliche Arbeitsweisen, weil es unterschiedliche Profile gibt

      Wenn Sie sich mit verschiedenen Herangehensweisen an Projekte beschäftigt haben, werden Sie sehen, dass es ganz unterschiedliche Arbeitsweisen für Projektmanager gibt. Der PMBoK empfiehlt eine sog. work breakdown structure (WBS) zu erstellen. Ein Product Owner bei Scrum benutzt aber ein Backlog. Was ist denn nun richtig?

      Antwort: es kommt darauf an, nämlich auf das Projektprofil. In einem Beitrag über agile Verträge habe ich schon einmal auf die Arbeiten von Shenhar und Dvir hingewiesen /3, 4/.

      Sehen wir uns einmal zwei unterschiedliche Profile an (Abb. 1).
      Abb. 1: Zwei unterschiedliche Projektprofile (nach Shenhar/Dvir)
      Im roten Projekt 1 gibt es schon vor Projektbeginn konkrete feste Anforderungen. Das Team kennt sich gut mit den Techniken und Methoden aus. Es kann ein bekanntes Design wiederverwenden und kann Listen aus vergangen Projekten zur Planung nutzen. Es gibt einen festen Abgabetermin, auf den hingearbeitet wird.

      In solch einer Situation kommt man mit dem traditionellen Projektmanagement gut voran.

      Im blauen Projekt 2 wird ein neues Produkt entwickelt. Hier ist die Situation anders. Frühestens zur Mitte des Projekts lassen sich die Anforderungen finalisieren. Vorher ist das gar nicht möglich. Neue Produkte setzen neue Technologien ein. Das Team muss sich erst in diese neuen Dinge einarbeiten. Ob das letzte bekannte Design funktioniert, ist gar nicht klar. Es ist besser, eine gewisse Zeit mit mehreren Designs zu arbeiten, bis man sicher weiß, welches Fundament belastbar ist.

      In solcher einer Situation haben Sie zwei Möglichkeiten:
      • Sie warten, bis sie wieder 100% Sicherheit bei Anforderungen und Technik haben. Das kostet Zeit.
      • Sie ändern Ihre Arbeitsweise so, dass Sie immer wieder Feedback bekommen, ob Sie noch auf dem richtigen Weg sind.
      Die zweite Möglichkeit ist das, was wir in Scrum machen. Wenn man hier versucht, mit Werkzeugen des traditionellen Projektmanagements zu arbeiten, wird man schnell enttäuscht. Die Pläne funktionieren einfach nicht. Hier ist es wichtiger, das Projekt über Ziele zu führen und in kurzen Phasen zu arbeiten.

      Wer wissen will, wie sich die Arbeitsweisen und Aufgabeschwerpunkte von traditionellen Projektmanagern und von agilen Projektmanagern unterscheiden, der kann sich in einem kurzen Artikel von Jeff Sutherland und Nafis Ahmad oder in einem Buch von Michele Sliger und Stacia Viscardi darüber informieren.

      Anmerkungen

      • /1/ Die Methode ist egal. Jedes methodische Vorgehen ist besser als blinder Aktionismus. Ich persönlich empfehle eine PRINCE2-Foundation und ein Scrum-Training.
      • /2/ Wie lautet noch dieser gemeine Spruch von Peter Drucker? "If you think training is expensive, try ignorance".
      • /3/ Jan Fischbach: Verträge für Projekte mit agilem Vorgehen (Teil 2/4), Teamworkblog, erschienen am 07. Mai 2013, abrufbar unter http://www.teamworkblog.de/2013/05/vertrage-fur-projekte-mit-agilem_7.html 
      • /4/ Shenhar, Aaron J., and Dov Dvir. Reinventing Project Management: The Diamond Approach to Successful Growth & Innovation. 1st ed. Mcgraw-Hill Professional, 2007.
      • /5/ Jeff Sutherland, Nafis Ahmad: How a Traditional Project Manager Transforms to Scrum: PMBOK vs. Scrum, Vortrag auf der Agile 2011 in Salt Lake City, 11.08.2011, abrufbar unter http://jeffsutherland.com/PMBOKvsScrumAgile2011.pdf
      • /6/ Sliger, Michele ; Broderick, Stacia: The Software Project Manager's Bridge to Agility. 1. Aufl.. Boston: Addison-Wesley Professional, 2008. 

        Was kann eine Konferenz wie das freiräume.camp #frrm15 leisten? (Eröffnungsrede)

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        Am 29. und 30. Mai 2015 fand das erste freiraum.camp in Hannover statt. Das war für uns vom Vorbereitungsteam ein Experiment. Wir wollten wissen, ob wir den Umgang und die Ideen, die wir bei Scrum schätzen gelernt haben, auch außerhalb der IT populär machen können. Das Experiment war ein Erfolg. Für mich (Jan) wären 30 Besucher eine Bestätigung und 60 Besucher ein großer Erfolg gewesen. Wir haben 110 Tickets verkauft. Yeah! Wenn man sich dann trifft, welchen Beitrag kann solch eine Konferenz eigentlich leisten? Hier ist ein Auszug aus unserer Eröffnungsrede.

        Wir wissen nicht, wie groß die Krise in Europa heute ist. Was wir sehen, ist, dass sich viele Unternehmen anders organisieren, als wir es in den 1990er Jahren gelernt haben. In dieser Konferenz wollen wir Euch Einblicke in dieses #NewWork oder Arbeiten auf Augenhöhe geben. Dazu haben wir einen kleinen virtuellen Reiseführer zusammengestellt.

        1. Station der Schreibtisch von Ben Kuiken

        Ben Kuiken ist Managementphilosoph und Journalist und wohnt in den Niederlanden. Er beschäftigt sich seit Jahren mit den Ende des klassischen Managements und neuen Organisationsformen. An seinem Schreibtisch entstehen seine Bücher über wie „De laatste manager“ /1/ oder „Fuck de regels“ /2/.



        Während viele Bücher Beispiele aus der Praxis zeigen, arbeitet Ben auch die kulturellen Hintergründe auf und zeigt, dass wir eigentlich eine ganz lange Tradition von selbst-organisiertem Arbeiten haben, die in Vergessenheit geraten ist.

        In seinem neusten Buch „Eerste hulp bij nieuw organiseren” /3/ vergleicht er den Gesundheitszustand von Firmen mit dem von den Menschen der westlichen Welt. Wir sind zwar relativ gesund aber eigentlich nicht richtig fit. Wir bewegen uns zu wenig und essen zu viel.

        Im übertragenen Sinne geht es vielen Unternehmen vergleichbar. Ben hat viele neu organisierte Unternehmen besucht. Schließlich fragte er sich, warum es denn nicht noch mehr solcher Unternehmen gibt. Seine Antwort: Solch eine Veränderung ist schwierig. Die anderen Arten von Zusammenarbeit und dem Treffen von Entscheidungen sind neu und unbekannt. Und das macht auch Arbeit. Das bringt uns zur zweiten Station.

        2. Station: Das Wohnzimmer von Dark Horse

        Dark Horse ist eine Agentur für Innovationsentwicklung in Berlin. Die Kollegen von Dark Horse beschreiben in dem Buch „Thank God it's Monday!“ /4/ wie sie ihre Firma gegründet und entwickelt haben.


        Aus der Innensicht wird klar, warum ein Wandel in der Unternehmensführung so schwierig ist. Es geht oft um grundsätzliche Dinge, bei denen es auf den ersten Blick keine Wahrheit gibt. Die Kollegen berichten von ihren unterschiedlichen Versuchen zu Entscheidungen zu kommen, bis sie schließlich bei der Soziokratie gelandet sind.

        Dark Horse hat sich ein Wohnzimmer eingerichtet. Fast jeder Gegenstand dort hat einen Sinn oder eine Bedeutung. Dark Horse hat sich immer wieder Zeit genommen, an der Kultur zu arbeiten, mit der alle gut zusammen leben, auskommen und arbeiten können.

        Dark Horse ist wie gesagt kein Einzelfall. In Deutschland, in Europa, in der ganzen Welt haben sich Unternehmen neu erfunden und sich neu organisiert. Einen guten Überblick darüber gibt Frederic Laloux in seinem Buch „Reinventing organizations“ /5/. Der ehemalige Berater von McKinsey listet systematisch die neuen Arbeitsweisen und Eigenschaften auf und ordnet diesen Unternehmen eine neue Kulturkategorie zu: Evolutionary Teal.


        Bei so vielen neuen Ideen ist es gar nicht so leicht, den Überblick zu behalten. Und das bringt uns zur letzten Station unseres kleinen Reiseführers.

        3. Station: Unser eigener Kopf

        Gunther Dueck hat ein Buch geschrieben, in dem er den Wahnsinn in großen Unternehmen sehr treffend beschreibt. Dafür hat er eine schöne Bezeichnung gefunden: „Schwarmdumm“ /6/, so blöd sind wir nur gemeinsam.

        Wenn man die Rezensionen bei den Online-Buchhändlern und die Kritiken im Netz liest, merkt man, wie sehr er seinen Lesern aus dem Herzen spricht.

        Aber nur wenigen ist die für mich entscheidende Stelle an Position 482 des E-Books aufgefallen:
         „Wenn man die Schwarmdummheit eindämmen oder verhindern will, dann ist eine gute angestrebte Gestalt unerlässlich, die jeder sehen und verstehen kann und die sich auch jeder wünscht, weil er sie sinnvoll findet.
        Viele Unternehmen haben keine klare Gestalt mehr. Sie sind zu einem komplizierten Stückwerk von Strukturen, Regeln und widersprüchlichen Zielen geworden.

        Die Unternehmen, die sich auf unserer Konferenz vorstellen, haben für sich eine klare Gestalt gefunden. Dark Horse hat sich an einem Kloster orientiert, in dem alle mitarbeiten, um gemeinsam von den Erträgen zu leben. Uwe Lübbermann von PREMIUM benutzt den Vergleich mit einer Wohngemeinschaft, in der der Wohnungsbesitzer davon abhängig ist, dass andere mit ihm in der Wohnung wohnen, weil er sich die Wohnung allein nicht leisten kann.

        Der Vorteil einer Konferenz ist, die verschiedenen Vergleiche und Gestalten zu entdecken. Im Gespräch können wir neue Modelle ansprechen, herausarbeiten und erkennen. Wenn ich meine Firma von der Struktur her mit einem Kloster vergleiche, passt es einfach nicht ins Bild, wenn alle bis zum Umfallen arbeiten. Ich weiß, dass ich als Chef bei der nächsten Ernte allein da stehe. Es ist in meinem eigenen Interesse, dass wir alle achtsam miteinander umgehen.

        Wir fordern alle Sprecher und Besucher auf, bewusst auf Vergleiche und Analogien zu achten. Das können die eigenen Vergleiche sein, die vielleicht jetzt erst auffallen. Das können auch die Bilder der anderen sein. Vielleicht werden die Gestalten direkt genannt. Vielleicht fallen sie aber auch nur in einem Nebensatz. Wo unterscheiden sich die Gestalten? Wo sind sie gleich? Das ist der Beitrag, den diese Konferenz leisten kann, weil so viele Leute zusammen kommen.

        Stückwerk haben wir schon. Nun liegt es an uns, daraus konsistente Bilder, konsistente Geschichte zu formen, mit denen wir unsere Zukunft gestalten wollen.

        Die Änderungen im Menschenbild, die Orientierung am Ergebnis (und nicht am Status der Führung), das freiwillige Mitarbeiten und schließlich eine gute Ausbildung sind die Grundlagen für eine gute vitale Organisation.

        Anmerkungen


        Effektive Shortcuts

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        Immer mal wieder werde ich um eine gute Liste der Shortcuts oder Tastenkürzel gebeten. Es gibt sie überall im Internet - meist aber zuviel des Guten. Hier habe ich nun die Tastenkürzel zusammengestellt, die ich wirklich benutze.

        Dies ist keineswegs eine vollständige Liste sondern eine höchst subjektive Auswahl der Tatenkürzel, die ich selbst gerne verwende und für wichtig halte. Die allerwichtigsten sind hinterlegt.

        Shift=Umschalt=Großschreibtaste | Strg=ctrl=Steuerung oder Control | Enter=Return

        Generell

         

        Taste1
        Taste2
        Taste3
        Beschreibung
        Erklärung
        Strg
        c

        Kopieren
        Elementar, gilt praktisch überall
        Strg
        X

        Ausschneiden
        Strg
        v

        Einfügen
        Strg
        z

        Zurück/Rückgängig
        Strg
        y

        Wiederholen (auch: Rückgängig zurücknehmen)
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        Neues Dokument
        auch neue Excel-Mappe, neue E-Mail
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        Öffnen

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        Seitenansicht und Drucken

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        Fett

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        Word

         

        Taste1
        Taste2
        Taste3
        Beschreibung
        Erklärung
        Alt
        Shift rechts

        Wechselt englische und deutsche Tastaturbelegung

        Strg
        Shift
        +
        Blendet die Absatzmarke ein und aus

        Strg
        Leer

        löscht Formatierung

        Shift
        Pfeiltasten

        Markiert und verändert bestehende Markierungen

        Shift
        F1

        zeigt Formatierung im Aufgabenbereich an
        gut für Diagnose seltsamer Erscheinungen
        Shift
        F3

        Verändert bei dem Wort, an dem der Cursor gerade steht die Schreibweise 3-fach: TEST – Test - test
        Perfekt für kleine Tippfehler ihnen - Ihnen
        ALT
        F3

        Markierten Text als AutoText definieren
        Genauso in Outlook

        F3

        Name eines AutoTextes eingeben, dann F3 löst den AutoTxt aus

        ALT
        F4

        Beenden
        nicht nur Word – funktioniert überall

        F5

        Öffnet das Fenster Gehe zu
        zu einer bestimmten Seite springen:
        F5 – Seitenzahl – Enter
        Shift
        F5

        Wechselt zur letzten Cursorposition – auch mehrfach


        F7

        Öffnet den Rechtschreibungsdialog

        ALT
        F7

        geht zum nächsten als falsch gekennzeichneten Wort


        F9

        Aktualisiert markierte Felder

        Shift
        F9

        Wechselt zwischen Feldfunktion und Inhalt


        F12

        Speichern unter

        Shift
        F12

        Speichern
        ohne Dialogfenster, speichert genau dieses Dokument






         Excel 


        Taste1
        Taste2
        Taste3
        Beschreibung
        Erklärung
        Strg
        Shift
        Pfeiltaste
        markiert bis zum Ende des beschriebenen Bereichs in Pfeilrichtung
        sehr gut zum Markieren ab A1 erst rechts dann unten
        Strg

        Bild auf/ab
        wechselt zum nächsten Tabellenblatt

        Strg
        Shift
        Bild auf/ab
        Gruppiert die Tabellenblätter – Achtung, nur nehmen wenn Sie wissen, was „gruppieren“ bedeutet!

        Strg
        +

        Spalten oder Zeilen einfügen
        bei markierten Spalten/Zeilenköpfen
        Strg
        -

        Spalten oder Zeilen löschen
        bei markierten Spalten/Zeilenköpfen
        Strg
        1

        Zellen formatieren – Dialog öffnen

        Strg
        .

        Tagesdatum

        Strg
        Shift
        .
        aktuelle Uhrzeit

        Alt
        Enter

        Zeilenumbruch in der Zelle

        ALT
        F1

        Standarddiagramm auf Tabellenblatt

        F11


        Standarddiagramm auf separates Blatt

        Shift
        F11

        neues Tabellenblatt einfügen

        Strg
        9

        Blendet markierte Zellen aus

        Strg
        Shift
        9
        Blendet im markierten Bereich Zellen ein



        Outlook

         

        Taste1
        Taste2
        Taste3
        Beschreibung
        Erklärung
        ALT
        s

        Senden

        Strg
        1

        Wechseln zu E-Mail

        Strg
        2

        Wechseln zum Kalender

        Strg
        3

        Wechseln zu Kontakten

        Strg
        4

        Wechseln zu Aufgaben

        Strg
        5

        Wechseln zu Notizen

        Strg
        6

        Wechseln zur Ordnerliste im Navigationsbereich

        Strg
        7

        Wechseln zu Verknüpfungen

        Strg
        Shift
        m
        Neue Mail – Nachricht

        Strg
        Shift
        a
        Neuer Termin

        Strg
        Shift
        q
        Neue Besprechungsanfrage

        Strg
        Shift
        c
        Neuer Kontakt

        Strg
        Shift
        l
        Neue Verteilerliste/Kontaktgruppe

        Strg
        Shift
        k
        Neue Aufgabe

        Strg
        Shift
        u
        Neue Aufgabenanfrage

        Strg
        Shift
        n
        Neue Notiz


        Diese Liste ist kurz – eine lange gibt es auf Anfrage gerne bei mir. In Oulook nutze ich wenige Shortcuts, dafür aber die Möglichkeit, durch Drücken der ALT-Taste (und wieder loslassen) die danach zu drückenden Tasten angezeigt zu beikommen.
        Z.B. bei Outlook 2010, Signatur einfürgen: ALT – I – G –Enter – nacheinander, nicht gleichzeitig

        Scrum und Kennzahlen (KPIs, Metriken)

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        In regelmäßigen Abständen hören wir die Frage, welche Kennzahlen (neudeutsch KPIs) bei Scrum sinnvoll sind. Zeit für einen längeren Beitrag, auf wichtige Ressourcen zu verweisen. Der Scrum-Guide selbst gibt dazu keine erschöpfende Auskunft. Und das hat seine Gründe.
        Im klassischen Management gibt es das Gefühl, dass man Kennzahlen braucht, um einen Prozess richtig zu steuern. Dann überlegt sich ein Manager, wie er die Produktivität oder Qualität misst. Danach legt er den Teams in regelmäßigen Abständen Berichte vor und erwartet Korrekturmaßnahmen ("corrective actions"), wenn die Zahlen sich nicht wie erwartet verhalten. Am Ende verhält sich das Team so, dass die Zahlen unter allen Umständen stimmen, aber der Prozess schon lange zerbrochen ist. Genau das wollen wir bei Scrum nicht.

        Teamkennzahlen

        Wenn sich Teams selbst organisieren, bedeutet das auch, dass sie selbst die Kennzahlen bestimmen, mit denen sie sich messen. Die Kennzahlen gehören dem Team und nicht dem Management.

        Kennzahlen dürfen kein Selbstzweck sein, sondern müssen dem Prozess dienen. Sie müssen nicht mal ganz genau sein. Beim Autofahren sind die wichtigsten Kennzahlen die aktuelle Geschwindigkeit und die restliche Treibstoffmenge. Damit lässt sich der Prozess des Fahrens von A nach B gut steuern.

        In einem Video /1/ erklärt der Co-Erfinder von Scrum, Jeff Sutherland, warum er in seinem ersten Scrum-Projekt Gantt-Charts abgeschafft hat und was die Alternative ist.

        In Scrum benutzt das Team sog. Burndown-Charts, um sich zu vergewissern, ob es noch das Sprintziel erreicht.

        Dazu braucht das Team echte Transparenz in die Produktqualität. Wie es das misst, muss das Team entscheiden. Ein Team kann Fehlerraten oder fehl geschlagene Tests messen. Für ein anderes sind Antwortzeiten und Stabilität wichtiger. Das nächste Team misst Softwarekomplexität und technische Schulden.

        Sehr weit gehen die Ideen von Christoper Davis. In "Agile Metrics in Action" /2/ beschreibt er, wie er alle beteiligten elektronischen Systeme nutzt, um einen besseren Einblick in die Qualität und den Fortschritt des Produkts bekommt. Eine Kurzversion zum Thema gab es im letzten Jahr in der Session "Democratizing Development Metrics [CON1999]" auf der Oracle Open World.

        M. E. sollte jedes Team seine Velocity kennen und regelmäßig die Happiness messen.

        Persönliche Kennzahlen

        Es bleibt natürlich jedem Teammitglied unbenommen, für sich eigene Kennzahlen zu erheben. Das hat mich beim Vortrag von Patrick Koglin auf dem freiräume.camp im Mai in Hannover beeindruckt. Er hat mal gezählt, wie viele Module das Team bearbeitet hat und wie viele noch zu bearbeiten sind. Diese Information hat er dann völlig unrealistischen Managementerwartungen gegenübergestellt. Gut, wenn jedes Team jemanden wie Patrick hat, der einfach mal Dinge zählt.

        Für die eigene Qualitätsbewertung finde ich die Kennzahlen aus dem "Personal Software Process" (PSP) /3/ nach wie vor aktuell.

        Produktkennzahlen

        Die Product Owner (PO) in Scrum-Projekten stehen oft vor dem Problem, die eingesammelten User Storys zu bewerten und danach zu priorisieren.Sie wollen nach der Umsetzung vielleicht auch wissen, hat sich der Aufwand für die Umsetzung gelohnt. Welche Kennzahlen könnte ein PO nutzen? Der Scrum-Guide sagt auch hier nichts dazu. Warum? Für mich geht das in die gleiche Richtung wie die Antwort von Deming, warum er denn keine "Kochrezepte" für seine Ideen anböte /4/. Denken sollte man schon selbst. Jedes Produkt, jedes Projekt und jede Umgebung ist anders.

        Der PO hat die Aufgabe den Wert des Produkts zu erhöhen. Er muss sich also einen Überblick darüber verschaffen, was Wert für den Enduser bedeutet. Entweder kann man es direkt messen (neue Funktion X = 1.000 neue zahlende Anwender) oder man nutzt indirekte Größen wie Verzugskosten (cost of delay; wie viel Geld verliere ich, wenn ich dieses Feature nicht sofort veröffentliche?) oder Net Present Value (= ich verdiene lieber heute 1.000 EUR als in einem Jahr).

        Die Scrum Inc. berichtet in ihrem Scrum @ Scale Kurs von einer Entscheidung, bei der "Schreiben eines weiteren Buchs" und "Anschaffung einer Videokonferenzanlage" zur Auswahl standen. Durch die Betrachtung des Net Present Value war klar, dass die Videokonferenzanlage einen höheren Wert als das Buch hatte und deshalb der Kauf vorgezogen wurde.

        Die mathematischen Grundlagen für das Produktmanagement hat Don Reinertsen in "Flow" ziemlich dicht zusammengefasst /5/. Eine Liste mit User Storys und angefangene Software sind letztendlich Warteschlangen. In dem Buch kann man nachlesen, warum es sich lohnt, Warteschlangen aktiv zu steuern, statt den lautesten Stakeholder zu bedienen.

        Aber zurück zur Frage, wie man den Wert eines Produkt messen kann. Manchmal, gerade bei interner Softwareentwicklung für interne Kunden, ist das nicht so klar sichtbar. Hier muss man sich wieder an Doug Hubbards Buch "How to Measure Anything" erinnern. Wenn eine Entscheidung wichtig ist, muss es ein Ergebnis geben. Wenn das Ergebnis für das Business relevant ist, muss es beobachtbar sein. Wenn es beobachtbar ist, könnte es messbar sein. Wenn es messbar ist, könnte man es mit diskreten Werten ausdrücken.

        Bei Software müssen wir uns daran erinnern, dass sie per se nutzlos ist. Software hat nur einen Wert, wenn sie Arbeitsabläufe im Unternehmen verbessert. Sie hat einen Wert, wenn ich neue Dinge tun kann, die ich vorher nicht konnte. Sie hat einen Wert, wenn bestimmte Aufgabe deutlich schneller werden. Und sie hat einen Wert, wenn bestimmte Fehler oder Probleme nicht mehr auftreten. Alle diese Dinge kann ich mit Wahrscheinlichkeiten versehen und quantifizieren. Okay, das ist manchmal ziemlich mühsam. Oft reicht es aber schon, im Rahmen einer Retro ein paar Fälle durch zu spielen.

        Sie können sich es auch leicht machen. Der Zweck des internen Dienstleisters ist es, interne Kunden zu finden, die für die Leistungen bereit sind zu bezahlen. Ein Kantinenbetreiber weiß schon, dass Schnitzel und Pommes nicht unbedingt gesundheitsförderlich für die Mitarbeiter sind. Aber wenn sie dafür bezahlen, reicht das schon für die Kantine. Sie hat Kunden gefunden. Ähnlich kann auch eine interne Abteilung, die Software für andere interne Abteilungen baut, sich darauf zurückziehen, dass alles OK ist, solange die Kunden für die Software bezahlen. Ob das gesund bzw. förderlich für das Unternehmen ist, müssen die Auftraggeber entscheiden.

        Falls sich mehrere interne Kunden an der Finanzierung beteiligen, lohnt es sich gemeinsam die nächsten Releases zu planen. Für die Workshops mit den internen Kunden kann man sich dann bei den Innovation Games /7/ bedienen und zum Beispiel "Buy a feature" oder Speedboat spielen.

        Wie komme ich an Kennzahlen?

        Sie sehen schon, dass es keine allgemeingültigen Rezepte gibt. Bei Scrum ist uns Selbstorganisation wichtig. Wenn wir vor so einem kniffeligen Kennzahlenproblem stehen, ist es gute Praxis, alle Beteiligten mit einzubeziehen. Entweder in Form einer Retrospektive oder außerhalb des Scrum-Rhythmus Open Spaces anzusetzen.

        Anmerkungen

        • /1/ OpenViewVenture: Scrum: Jeff Sutherland Breaks Down the Structure of Scrum, Youtube.de, Hochgeladen am 21.01.2011, abrufbar unter https://www.youtube.com/watch?v=O7cA1q0XwhE 
        • /2/ Christopher W. H. Davis: Agile Metrics in Action, Measuring and enhancing the performance of Agile teams, erscheint im Juli 2015. Manning. Mehr Informationen auf der Webseite des Verlags unter http://www.manning.com/davis2/
        • /3/ Humphrey, Watts S.: Introduction to the Personal Software Process. New.. Boston: Addison-Wesley Professional, 1997.
        • /4/ John Hunter: Thinking Required – Not Just a Recipe to Follow, The W. Edwards Deming Institute Blog, erschienen am 28. Juli 2014, abrufbar unter http://blog.deming.org/2014/07/thinking-required-not-just-a-recipe-to-follow/
        • /5/ Reinertsen, Donald G.: The Principles of Product Development Flow : Second Generation Lean Product Development. 1. Aufl.. Redondo Beach, California: Celeritas, 2009.
        • /6/ Hubbard, Douglas W.: How to Measure Anything : Finding the Value of Intangibles in Business. 3. Aufl.. New York: John Wiley & Sons, 2014. 
        • /7/ Hohmann, Luke: Innovation Games : Creating Breakthrough Products Through Collaborative Play. 1. Aufl.. Amsterdam: Pearson Education, 2006. Alle Übungen sind auch auf der Webseite des Autors beschrieben: http://www.innovationgames.com/resources/the-games/ 

        Führungskräftetraining (Lektion 25): Der Mythos vom Alphatier

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        Das Bild des Alphatiers stammt aus der Biologie und zeigt, dass keine ordentliche Gruppe ohne eine gescheite Hierarchie und innere Konkurrenzkämpfe auskommt. Insbesondere Gutmenschen neigen dazu, sich an diesem natürlichen Grundgesetz vorbeimogeln zu wollen. Teamworkblog, immer um Risikominderung für seine Leser bemüht, gibt auch hier wieder praktische Hilfestellungen. Dieses Mal trifft es die Führungskräfte.

        Als Alphatiere bezeichnet die Verhaltensforschung Mitglieder einer Tierherde oder eines Tierrudels, die dort über besondere Rechte verfügen. Wenn es sich um männliche Alphatiere handelt (es gibt auch Tierarten mit weiblichen Alphatieren!), dann sind es meistens die einzigen, die sich mit den weiblichen Herdentieren paaren dürfen. Oft haben sie auch Vorrang bei der Nahrungsverteilung.
        Beispiele für Alphatiere bei Säugetieren sind der Leitstier bei den Hausrindern oder „Silberrücken“ bei den Gorillas. So weit, so unbestritten. /1/  Besondere Bedeutung haben aber Studien über Wölfe erlangt. Rudolph Schenkel verwendete in einem Artikel von 1947 erstmals die Begriffe „Alphatier“ und „Betatier“. /2/

        Abb. 1: Das Alphatier im Wolf (Canis Lupus)

        Übertragung auf den Menschen

        Und von diesen Wolfsstudien aus fanden die Begriffe ihren Weg in die Betriebssoziologie. Jemanden mit einer hohen beruflichen Stellung als „Alphatier“ zu bezeichnen, war immer mit einer Mischung aus Bewunderung und negativem Unterton verbunden. Also etwa: „Er ist zwar rücksichtlos und kämpft seine innerbetrieblichen Konkurrenten mit harten Bandagen nieder, aber er macht das auch wirklich erfolgreich und es entspricht im Übrigen dem natürlichen Lauf der Dinge.“

        Dass es in Gruppen, in denen es um produktive Arbeit geht (also um Jagdmethoden, Rollen im Jagdrudel und Verteilung der Beute wie auch um Zugang zu Weibchen – um im Wolfsbild zu bleiben), immer
        • eine Hierarchie geben muss,
        • dass diese Hierarchie mit Privilegien bei der Beuteverteilung verbunden ist
        • und dass es immer innere Konkurrenzkämpfe gibt
        wurde zum stehenden Vorurteil.

        Ich erinnere mich an eine Fortbildung zur Transaktionsanalyse, die ich Ende der 90er Jahre besuchte. Der Trainer berichtete von einer eigenen Erfahrung als Berater der Führungsmannschaft eines sehr großen Internetproviders. Endlose Hahnenkämpfe um Macht und Privilegien. Er schloss seine Schilderung mit den Worten: „Bei Führungskräften muss und darf das auch so sein, und das rechtfertigt ja auch unser hohes Beraterhonorar.“

        Bloß leider ist es Nonsens

        Das Problem war nur, dass die ganze Wolfstheorie auf fehlerhaften Beobachtungen beruhte. David Mech, ein Biologe, hatte Anfang der 70er Jahre noch die These vom hierarchischen Wolfsrudel unterstützt. Nach 13jährigen Beobachtungen in der kanadischen Wildbahn – also an frei lebenden und nicht in Gefangenschaft im Zoo gehaltenen Wölfen – kam er dann zu ganz anderen Schlüssen. Danach bestehen Wolfsrudel in der Regel aus Familien oder Familienverbänden. Das sind 1 bis 3 Wolfspaare zusammen mit ihren Sprösslingen bis zu einem Alter von drei Jahren. Die älteren Wölfe haben eine Erziehungsfunktion gegenüber den Wolfskindern, aber kein Dominanzverhalten innerhalb der Generation erwachsener Wölfe. /3/

        Wenn man es sich als Nichtbiologe überlegt, macht das auch Sinn. Wölfe sind Raubtiere, das unterscheidet sie von den oben zitierten Hausrindern  (Ochsen brauchen wirklich einen Leitstier!) und von Gorillas. Zweitens jagen Wölfe im Rudel, das unterscheidet sie von Katzenartigen wie Löwe oder Leopard. Wer in der Gruppe jagt, muss aber die Beute verteilen. Sonst haben nämlich die anderen Rudelmitglieder kein Interesse daran, mitzujagen.

        Menschen haben, bevor sie sesshaft wurden, auch in Gruppen gejagt. Also die ersten ca. 2.990.000 Jahre ihrer Evolutionsentwicklung. Es gibt deshalb wirklich einige Parallelen zwischen angeborenen Verhaltensweisen bei Mensch und – Hund. Und eine solche Parallele besteht eben darin, dass Menschen wie Wölfe – wenn man sie nicht umerzieht – einen relativ großen Aufwand treiben, um gerade Konkurrenzkämpfe im Innern der Gruppe zu vermeiden und zu schlichten. Das hält Gruppen stabil – eine elementare Voraussetzung für den Jagderfolg (die produktive Arbeit im Team).
        Insgesamt sind Wölfe Meister im Konfliktlösen. Sie vermeiden Auseinandersetzungen, wann immer es geht. (…) Kein Anführer eines Wolfsrudels kann seine Schutzbefohlenen zu etwas zwingen. Kooperation geschieht freiwillig, ‚Gehorsam‘ spielt im Wolfsrudel keine Rolle.“ /4/

        Der Mensch als Wolf


        Jede historische Epoche hat ihre inneren Verfassungen in die Natur hineininterpretiert, um sie dann aus ihr als ewige moralische Lehre wieder abzuleiten. Das galt für den Sozialdarwinismus, das gilt auch heute für die Theorie vom Alphatier. Die Gesellschaft sieht in die Natur hinein – und sieht doch nur ihr eigenes Spiegelbild dort wieder.

        Abb. 2: Der Mensch als Wolf (Homo homini lupus)

        In unserer heutigen Epoche sehe ich zwei Tendenzen im Widerstreit. Die eine Tendenz ist das Streben nach Selbstorganisation in vielen gesellschaftlichen Bereichen. Die andere Tendenz ist die zu einer Ökonomie des „The Winner Takes It All“.

        Diese Ökonomie wird in der Wirtschaftspresse wie in vielen Titeln der Ratgeberliteratur gefeiert. Biografien von Steve Jobs, von Unternehmen wie Amazon oder Google machen das Bild vom Alphatier zum Gegenstand moderner Heldenverehrung. Gern würde sich diese Ökonomie des „The Winner Takes It All“ auch mit Vorbildern in der Natur rechtfertigen. Aber damit ist es leider nicht mehr weit her.

        Anmerkungen


        Selbstorganisation im Jahr 1807

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        Der Niederländer Ben Kuiken hat mich in einem seiner Bücher /1/ auf die Ursprünge von Selbstorganisation hingewiesen. Er geht bis ins Jahr 1807 zurück. Das hätte ich nicht gedacht.
        1806 unterliegt Preußen in der Schlacht bei Jena und Auerstedt. Der Zusammenbruch war weniger eine Folge der militärischen Überlegenheit Frankreichs, sondern hatte vor allem innerpreußische strukturelle Gründe. Ab 1807 werden eine Reihe von Reformen in der Verwaltung, im Militär und in der Bildung gestartet.

        1807 wird die "Auftragstaktik" erfunden

        Ich lese bei Ben Kuiken in "De laatste manager" /1/, dass der Ursprung der Selbstorganisation die "Auftragstaktik" ist. Da habe ich etwas weiter recherchiert. Gerhard von Scharnhorst /2/ hatte sich dafür eingesetzt, dass Soldaten bei militärischen Einsätzen anders geführt werden müssen. Bis dahin galt, dass die Soldaten genau das zu tun haben, was die Vorgesetzten anweisen. Wer sich nicht daran hielt, wurde körperlich bestraft.

        Die "Auftragstaktik", genauer gesagt "Führen mit Auftrag", ist - wenn man das mal so euphemistisch sagen darf - aus militärhistorischer Sicht der entscheidende Faktor für die Erfolge der deutschen Streitkräfte im Ersten und Zweiten Weltkrieg. Bei der Führung mit Auftrag bestimmt der Vorgesetzte das Was und den Rahmen. Wie dieses Ziel erreicht wird, entscheiden die Soldaten selbst. Das ist ganz ähnlich, wie moderne Führungskräfte oder Scrum Product Owner mit ihren Teams arbeiten.

        Warum kam Scharnhorst überhaupt auf diese Idee? Und muss sie nicht auf Widerspruch bei den etablierten Führungskäften gestoßen sein?

        Scharnhorst hatte viele Verbesserungsideen. Weil seine Vorgesetzten seine Ideen nicht annahmen, wechselte er 1801 von der Hannoverschen Armee in die preußische. Er war beeindruckt, wie Napoleon seine Armee rekrutierte. Das waren Freiwillige, die für den Staat kämpften. Diese Idee wollte er auch im preußischen Herr einführen. Wer freiwillig kommt, den muss ich auch anders behandeln. Deswegen wurde die Prügelstrafe zugunsten von Freiheitstrafen abgeschafft. Dies ist eine große Änderung im Menschenbild: Wem man Freiheit nimmt, dem muss man sie vorher gewähren. Die Ursprünge der Wehrpflicht fallen ebenfalls in diese Zeit.

        Scharnhorst sah, dass das Mikromanagement der Offiziere nicht funktionierte:
        • Es wurde anders gekämpft als früher. Die Lage war viel komplexer, sodass eine Führungskraft gar nicht alle Informationen hatte. Selbst wenn, konnte sie nicht schnell genug entscheiden. Schon aus dieser Sicht war es sinnlos, jedem einzelnen Soldaten Anweisungen zu geben, wohin er zu gehen hatte. /3/
        • Viele Offiziere hatten vorsichtig ausgedrückt keine Ahnung vom Geschäft. Die waren wegen irgendwelcher Titel oder Beziehungen Offizier, aber nicht weil sie kompetent waren. Komplexe Lage mit Unfähigkeit gemischt ist keine gute Voraussetzung für Erfolg. Scharnhorst hat sich sehr für Ausbildung der Offiziere und den Aufstieg durch Leistung und Kompetenz eingesetzt /4/.

        Den alten Offizieren müssen die Ohren geklungen haben, als Scharnhorst forderte, dass jeder Soldat selbst überlegen sollte, wie er sein Ziel erreichen kann. Tatsächlich hat es bis zu deutschen Einigungskriegen gedauert, bis sich die "Auftragstaktik" endgültig durchgesetzt hat. Im Wikipedia-Beitrag über Führung mit Auftrag wird auf eine Rezension des Buchs "Auftragstaktik im preußisch-deutschen Heer 1871 bis 1914" /5/ hingewiesen. Dort kann man nachlesen, dass die Gegner dieses Führungssystems (die Normaltaktiker) zwar prinzipiell dafür waren, aber glaubten, dass die Soldaten engere Vorgaben brauchten.

        Scharnhorst hatte unmittelbar nach seinem Dienstbeginn in der preußischen Armee einen Verein gegründet, die Militärische Gesellschaft, in der er neue Ideen über Kriegskunst und Führung diskutieren ließ. In diesem Verein waren nicht nur reformorientierte Offiziere, sondern auch konservative und reaktionäre Soldaten. Das war praktisch der Vorläufer für die ganzen Barcamps, bei denen man sich heute über neue Bücher und Ideen über Führung austauscht.

        Aus meiner Sicht hat er die Arbeitsweise von den Freimaurern übernommen. Scharnhorst war seit 1779 Mitglied in einer Loge in Göttingen. Dort wurden regelmäßig Vorträge gehalten und später diskutiert. Die Freimaurer pflegen die fünf Grundideale Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität. Ich glaube, dass diese Ideale sein Denken und Handeln beeinflusst haben.

        Viele von Scharnhorsts Schülern haben die Heeresreform umgesetzt. Scharnhorst selbst starb schon 1813. Unter seinen Schülern war zum Beispiel ein gewisser Herr von Clausewitz.

        Hat sich was geändert?

        Irgendwie könnte das alles auch heute spielen:
        • Es gibt einen zaudernden Chef, der den Reformern erst zuhört, als die Katastrophe bereits eingetreten ist.
        • Radikale Selbstorganisation funktioniert. Aber immer wieder gibt es Gegner, die eine pragmatische Anpassung an die Gegebenheiten und mehr Regeln einfordern.
        • Die Ideengeber veröffentlichen viel und vernetzen sich in verschiedenen Gruppen. Durch die Vernetzung lebt die Idee weiter.
        • Die Reformer müssen politisch umsichtig handeln. Sie leiden unter der Arroganz und Inkompetenz derjenigen, die an der Macht sind.
        • Es kommt auch stark auf die Werte und das Menschenbild an, die hinter den neuen Ideen stecken.
        Manchmal lohnt sich ein Blick in die Geschichte.

          Anmerkungen


          Was muss man bei Projekten mit mehreren Vertragspartnern beachten? Teil (1/2)

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          Das erste Scrum-Projekt ist für Kunde und Lieferant schon eine interessante Herausforderung. In großen Konzernen brauche ich aber oft mehrere Vertragspartner, um mein Projektproblem zu lösen. Die Webseite wird von einer Agentur betreut, das SAP-System vom eigenen Rechenzentrum und das Netzwerk von einem Dienstleister. Kann man dafür einen Vertrag schließen?

          Agile Vorgehensweisen fordern bewusst, dass Teams möglichst nah zusammen sitzen. So kann man auftretende Schwierigkeiten schnell gemeinsam lösen. Die Teams sollen interdisziplinär zusammengesetzt sein. Das bedeutet, dass alle wichtigen Funktionen vertreten sind, um ein funktionsfähiges Ergebnis am Ende des Sprints abzuliefern. Jetzt gibt es mehrere Fälle:
          1. Im Scrum-Projekt arbeitet ein Team.
          2. Im Scrum-Projekt arbeiten mehrere Teams aus der gleichen Firma. 
          3. Im Scrum-Projekt arbeiten mehrere Teams aus verschiedenen Firmen.
          Im Fall 1 arbeiten wir nach dem Scrum-Guide. Der Fall 2 ist im Prinzip wie Fall 1, nur dass wir mit Scrum of Scrums oder Scrum @ Scale für eine gute Koordination der Teams sorgen. Der Vorteil von Fall 2 gegenüber Fall 3 ist, dass alle Teams letztendlich das gleiche Unternehmensziel und den gleichen Chef haben. Das ist in großen Unternehmen zwar nicht immer einfach, aber wir haben die Möglichkeit der Anweisung.

          Auch in Fall 3 müssen wir wie in Fall 2 mit Scrum of Scrum oder Scrum @ Scale dafür sorgen, dass die Teams ihre priorisierten Backlogs abarbeiten und die Ergebnisse gut integrieren. Ein wichtiger Teil bei Scrum ist das Commitment im Sprint Planning. Was passiert nun, wenn die Leistung von einem Team von der Leistung eines anderen Teams abhängig ist? Um ihr Recht einzufordern, müssten jetzt alle Vertragspartner untereinander Verträge schließen:
          • Die Projektgruppe schließt mit der Agentur für die Webseite einen Vertrag ab.
          • Die Projektgruppe hat ein internes Service Level Agreement mit seinem eigenen Rechenzentrum.
          • Die Projektgruppe schließt mit dem Dienstleister für das Netzwerk einen Vertrag ab.
          • Agentur und Dienstleister schließen untereinander einen Vertrag ab.
          Wir sehen schon, dass dies mit vier Partnern schon schwierig wird. Wenn wir noch mehr Partner haben, wird es richtig lustig. Vor allem, wenn man bedenkt, dass man ja die genauen Anforderungen und das finale Lösungsdesign bei Vertragsabschluss noch nicht kennt.

          Das Rautenmodell von Shenhar/Dvir /1/ gibt uns Hinweise

          Solch eine Projektsituation zeichnet sich durch höhere Unsicherheit im Bereich Komplexität/Zusammenarbeit aus. Dieser Bereich der Unsicherheit bestimmt folgende Aspekte der Projektarbeit:
          • Vertragsmodell (aha, das hatten wir schon vermutet), 
          • Projektorganisation (das ist ja unser Problem), 
          • Planung/Steuerung/Berichtswesen, 
          • Dokumentation, 
          • Leit-/Richtlinien und 
          • Managementstil.

          In der einfachen Stufe (der sog. Assembly-Stufe) kann das Team arbeiten, wie es will. Es reicht ein einfacher Vertrag und man braucht nur wenige formale Regeln oder Standards.

          Der o. g. Fall entspricht bei Shenhar/Dvir der sog. Systemstufe. Das Schöne an dem Rautenmodell ist, dass die Autoren Vorschläge für angemessenes Projektmanagement machen. So lesen wir folgende Punkte:
          • Vertragsmodell: Komplexer Vertrag, Zahlung nach Meilensteinen; Vertrag berücksichtigt logistische Unterstützung
          • Projektorganisation: Ein Generalunternehmer, Matrix- oder reine Projektorganisation, viele interne und externe Partner, Team deckt technische und administrative Fähigkeiten ab.
          • Planung/Steuerung/Berichtswesen: Komplexe Planung; Softwaregestützte Planung; hunderte bis einige tausend Aktivitäten; enge formale Kontrolle von technischen, finanziellen und zeitlichen Aspekten; regelmäßige Reviews mit Kunde und Management
          • Dokumentation: Technische und formale Steuerungsdokumente
          • Leit-/Richtlinien: Branchen- oder firmenspezifische Standards müssen eingehalten werden
          • Managementstil: Formaler und bürokratischer Stil; informeller Austausch mit einigen Lieferanten; ab und zu politische Problem oder Problem in der Zusammenarbeit der verschiedenen Organisationen; Hauptfokus auf Anforderungen, Design und Integration des Systems
          Was bedeutet das für das Scrum-Projekt und den Vertrag? Darüber schreibe ich im zweiten Teil.

          Anmerkungen:

          •  /1/ Shenhar, Aaron J. ; Dvir, Dov: Reinventing Project Management : The Diamond Approach To Successful Growth And Innovation. Boston, Massachusetts: Harvard Business Press, 2013.


          Was muss man bei Projekten mit mehreren Vertragspartnern beachten? Teil (2/2)

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          Das erste Scrum-Projekt ist für Kunde und Lieferant schon eine interessante Herausforderung. In großen Konzernen brauche ich aber oft mehrere Vertragspartner, um mein Projektproblem zu lösen. Die Webseite wird von einer Agentur betreut, das SAP-System vom eigenen Rechenzentrum und das Netzwerk von einem Dienstleister. Kann man dafür einen Vertrag schließen?


          Im ersten Teil habe ich auf das Rautenmodell von Shenhar und Dvir hingewiesen, dass uns für diese Situation wertvolle Hinweise gibt. Daraus lässt sich einiges für das Scrum-Projekt mit mehreren Vertragspartnern ableiten.

          Projekte mit mehreren Vertragspartner sind unsicherer

          Als erstes müssen wir uns bewusst machen, dass dies eine andere Projektsituation ist, die mehr Aufwand erfordert. Um gemeinsam erfolgreich zu sein, müssen sich alle Beteiligten an mehr Regeln halten. Das ist ein Widerspruch zu dem bisherigen hemdsärmeligen Vorgehen. Die Grundaussage von Shenhar und Dvirs Buch ist, dass Projekte immer dann scheitern, wenn die Art, wie das Projekt gemanagt wird, nicht zur tatsächlichen Projektsituation passt. Sie haben extra ein Kapitel über Systemprojekte geschrieben, weil dies wohl besonders häufig unterschätzt wird.

          Zurück zu unserem Auftraggeber. Er hat die Wahl, einen Generalunternehmer zu beauftragen, der alle Flöhe hütet. Das ändert zwar das grundsätzliche Problem nicht, aber verlagert es zu einem anderen Vertragspartner. Allerdings müssen Generalunternehmer einen deutlichen Risikoaufschlag einplanen (z. B. 30%).

          Wenn unsere Projektgruppe die Koordination selbst übernehmen möchte, sollte es auf folgende Dinge achten:

          (1) Die Projektgruppe schließt mit allen Beteiligten einzelne Verträge ab oder holt entsprechende Angebote ein. In die Vereinbarungen fließen die Meetings und gemeinsamen Standards ein.

          (2) Das Backlog muss besser gepflegt werden. Es reicht nicht aus, dass Storys für 1-2 Sprints ready sind. Wahrscheinlich brauchen wir Material für ein Quartal.

          (3) Zu Beginn muss es einen gemeinsamen Workshop mit allen Beteiligten geben, um das Projektziel (Vision) und die Abhängigkeiten untereinander zu verstehen. Alle müssen aktiv ihre Erfahrungen austauschen, warum die Zusammenarbeit in der Vergangenheit schwierig war. Z. B. kann man von vielen Rechenzentren nicht erwarten, dass von einem Tag auf den nächsten Leitungen geschaltet oder virtuelle Maschinen installiert werden. Das Team muss sich auf wahrscheinliche Lieferzeiten einigen.

          (4) Einmal im Quartal gibt es eine gemeinsame Releaseplanung, in der alle Teams ihre Backlogs vorstellen und in einzelnen Sessions Abhängigkeiten suchen und auflösen.

          (5) Jedes Team muss so arbeiten, dass Abhängigkeiten von anderen vor Sprintbeginn aufgelöst sind. Sonst besteht höchstens eine Wahrscheinlichkeit von 50%, dass das Team im Review etwas liefern kann (Vorlieferant hat geliefert oder hat nicht geliefert).

          (6) Die Product Owner müssen immer einen Plan B ausarbeiten. An welchen Themen soll das Team als nächstes arbeiten, wenn eine Vorlieferung ausbleibt.

          (7) Ein wichtiger Standard ist, dass alle Teams die Schnittstellen ihrer "Bauteile" verhandeln. Das ist zwar erst aufwändiger, spart aber später Zeit, weil das Team alles hinter der Schnittstelle verändern darf, ohne andere fragen zu müssen.

          (8) Eine große Motivation zur Zusammenarbeit macht das Geld aus. Überlicherweise werden Zahlungen an das Erreichen von Meilensteinen gebunden. Leider funktioniert das aus meiner Sicht nicht so gut, weil sich alle Beteiligten immer über die Qualität und Claims streiten. Der Lieferant A sagt, die Leistung wurde wie vereinbart abgeliefert. Aber aus irgendeinem Grund funktioniert sie bei Lieferant B und C nicht. Da ist wohl etwas in der Gesamtsteuerung schief gelaufen. Besser ist es aus meiner Sicht, die weitere Beteiligung am Projekt grundsätzlich in Frage zu stellen. Wenn die Arbeit mit einem Lieferant sehr schwierig war, wird er zwar für seine bisherigen Leistungen angemessen bezahlt, aber er bekommt keinen weiteren Folgeauftrag im Projekt. Dies muss man im Vertrag transparent machen ("Jede Projektphase wird gesondert beauftragt.").

          (9) Es muss regelmäßige gemeinsame Reviews und Retrospektiven geben, um die Qualität und Velocity insgesamt zu erhöhen.

          (10) Werkzeuge für automatisches Testen spielen eine noch größere Rolle. Durch automatische Tests fallen Abhängigkeiten und Fehler schneller auf.

          (11) Allen Beteiligten müssen alle Standards bekannt sein und sich in der DoD und DoR wiederfinden.

          Das Problem bei Systemprojekten ist selten, dass ein Lieferant nicht liefern will oder kann. Das Problem liegt in der Zusammenarbeit zwischen den Projektbeteiligten. Dies kann man durch die Art und Häufigkeit der Besprechungen, durch eine etwas genauere Vorbereitung, durch gemeinsame Standards und durch bewusste Haltepunkte steuern. Und diese Punkte lassen sich vertraglich regeln.

          Erfolgsgeheimnisse 1: Erfolg ist, was zufrieden macht.

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          Was ist gutes Zeit- und Selbstmanagement? Hierzu gibt es ein paar Dinge zu sagen. Eine kleine Serie zum Thema.

          Wer nach gutem „Zeit- und Selbstmanagement“ fragt, sucht Wege zum Erfolg. Aber was ist Erfolg eigentlich? Meine Antwort auf diese Frage ist simpel: Erfolg ist, was zufrieden macht. Und zufrieden ist, wer erreicht, was er sich vorgenommen hat.

          Was haben Sie sich vorgenommen? Kennen Sie Ihre Ziele? Was ist Ihnen wichtig, was sind Ihre Prioritäten? Hand auf's Herz: Wann haben Sie sich zuletzt diese Fragen gestellt oder gar beantwortet? Wann haben Sie sich gefragt, was Ihnen selbst - nicht anderen Menschen wie z.B. Kunden, Chefs, Mitarbeitern - allgemein und konkret so wichtig ist, dass Sie persönliche Zeit und Energie investieren? Wann haben Sie zuletzt hinterfragt, warum Sie all die Dinge tun, die Sie tagtäglich tun? Sind Sie auf dem aktuellen Stand, was Sie kurz-, mittel- oder langfristig erreichen wollen - für sich, nicht für andere Menschen? Wissen Sie, was Ihnen - nicht anderen Menschen! - Zufriedenheit und Erfolg heute generell und im Detail bedeuten? Haben Sie für sich diese Fragen schon jemals konkret und ausführlich beantwortet? Oder haben Sie manches davon unbewusst oder bewusst einfach hin- oder übernommen?

          Wenn Sie sich fragen, wie Sie besser, erfolgreicher oder zumindest zufriedener werden können, dann ist ein guter Start, sich diese Fragen zu beantworten:
          • Was sind (Lebens-) Bereiche, in welchen ich mich engagieren möchte?
          • Wofür will ich dort meine Zeit und Energie aufwenden?
          • Warum? Was steckt dahinter?
          • Was will ich in den einzelnen Bereichen erreichen? 

          Achten Sie darauf, nicht im „vorauseilenden Gehorsam“ tatsächliche oder vermutete Anforderungen aus Ihrem Umfeld zu formulieren, sondern geben Sie sich selbst eine ehrliche Antwort. Seien Sie beruhigt, es bekommt ja erst mal keiner mit. Sie machen das ja erst einmal nur für sich. Ihre Antworten ergeben einen Kompass, an dem Sie sich immer in allen Lebenslagen verlässlich orientieren können, angefangen bei den kleineren Alltags- bis hin zu den größeren Lebens-Entscheidungen. Je ehrlicher Sie zu sich selbst sind, desto besser ist die Basis für Ihre persönliche Zufriedenheit und Ihren Erfolg.

          Und ja: Natürlich ist damit nicht gesagt, dass Sie alles erreichen, was Sie als wichtig und als Ziel formulieren. Schließlich gibt es auch dann noch viele Zwänge, denen Sie sich zu beugen haben! Was Sie sich vornehmen und wünschen, wird sogar ganz sicher nur angepasst umzusetzen sein. Ihre Ziele, Prioritäten, Vorhaben oder Wünsche haben so aber überhaupt erst eine Chance, verwirklicht zu werden. Und das sehr wahrscheinlich maximal erfolgreich.

          Müssen Führungskräfte alles (besser) wissen? Nein!

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          Im Berufsalltag gibt es ständig Fragen, die zu klären sind. Wie machen wir dies, wie machen wir jenes? Wie reagieren wir auf X, wie planen wir Y, wie kontrollieren wir Z? Früher dachte ich, ich müsste auf alles eine Antwort wissen. Muss ich aber gar nicht. Und manchmal ist das sogar die bessere Antwort.

          Gebhard wird jetzt schmunzeln, weil ich es wieder getan habe. Ich habe mir ein weiteres Buch über Selbstmanagement gekauft, nein, sagen wir gegönnt. Ich fand "18 Minutes" von Peter Bregman schon gut, da wollte ich auch das nächste Buch lesen (/1, 2/). Beim Lesen fand ich den Autor irgendwie sympathisch. Deswegen habe ich bei TED.com nach Videos von ihm gesucht.

          Peter Bregman hat 2012 einen Vortrag darüber gehalten, dass es manchmal auch gut ist, zuzugeben, etwas NICHT zu wissen (/3/).



          Zuzugeben, dass man etwas nicht weiß, ist schwierig und kostet Überwindung. Aber es öffnet den Weg zu neuen Ideen. Andere Menschen nehmen den Ball dankbar auf und entwickeln eigene Ideen. Das verbindet.

          Das gilt umso mehr für Führungskräfte, die oft denken, sie müssten für alles eine Antwort parat haben. Sie fühlen sich verantwortlich und denken, sie kämen ihrer Verantwortung nach, wenn sie Antworten auf Fragen liefern, selbst wenn sie die Antwort nicht kennen: "Das ist doch meine Aufgabe. Ich muss das doch sagen. Das erwarten doch meine Mitarbeiter von mir."

          Es mag sein, dass die Mitarbeiter das erwarten. Aber ich glaube, dass diese Erwartungshaltung falsch ist, sowohl die der Führungskraft, als auch die der Mitarbeiter. Es ist unmenschlich, auf alle Fragen eine Antwort zu haben. Es gibt auch viele Situationen, in denen es einfach keine klare Antwort gibt. Da muss die Antwort erkundet werden. In einem meiner psychologischen Profile stand zum Beispiel, dass ich gute Ideen im Gespräch mit anderen entwickeln kann. (Das ist natürlich eine beschönigende Form dafür, dass ich mir allein nur Blödsinn ausdenke und dass mich jemand auf den Boden der Tatsachen zurückholt, bevor ich zu viel Schaden anrichte.) Wichtiger als die Antwort ist der Prozess des Beantwortens und das Vertrauen, dass ich mit anderen eine gute Lösung finde.

          Darin beruht auch der Erfolg von Großgruppenmethoden wie Open Space Technology, Future Search oder Appreciative Inquiry. Es ist einfach lächerlich, wenn ich als Führungskraft allein versuche, einen Unternehmensbereich neu zu strukturieren. Warum frage ich nicht die Leute, die es betrifft? Eine Umstrukturierung ist kein triviales Problem. Organisationen sind komplexe soziale Systeme. Da gibt es keine optimale Lösung. Es ist vielleicht nicht mal möglich, die Organisation in einem Schritt zu verändern. Vielleicht brauche ich viele Schritte, bis es merklich besser wird. Aber allein kann das keiner entscheiden. Deswegen kann ich mittlerweile auch gut zugeben, dass bestimmte Dinge nicht weiß.

          Wo ich allerdings sofort eine klare Antwort (und klares Handeln) von Führungskräften erwarte, ist wenn jemand dauerhaft gegen die Werte des Teams verstößt.

          Anmerkungen
          • /1/ Bregman, Peter: 18 Minutes. London: Hachette Book Group USA, 2011.
          • /2/ Bregman, Peter: Four Seconds : All the Time You Need to Stop Counter-Productive Habits and Get the Results You Want. Heidelberg: HarperCollins, 2015.
          • /3/ Peter Bregman: I Don't Know, Vortrag bei TEDxMillRiver, 28.04.2012, abrufbar unter https://www.youtube.com/watch?v=k2KCdgPfT0o

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